Afrikas musikalisches Herz schlägt in Mainz

Mainz (dpa) - Wie klingt Afrika? Im Keller des Instituts für Ethnologie und Afrikastudien an der Uni-Mainz ist es zu hören. Auf Tausenden von Platten, CDs, Kassetten und Videobändern dokumentiert ein Archiv die Entwicklung moderner afrikanischer Musik.

Highlife, Soul, Reggae, die Klänge der afrikanischen Stegharfe „Kora“: Allein die farbenfrohen Hüllen der Langspielplatten spiegeln die Vielfalt der Musikrichtungen wider. Rund 10 000 Tonträger umfasst die Sammlung inzwischen, die ältesten Schellack-Platten stammen aus den 1940er Jahren.

Bis zur Gründung 1991 habe er einige Hürden bewältigen müssen, berichtet der Initiator und ehemalige Leiter Wolfgang Bender. Mit einem kleinen Bestand ging es los, und nach und nach wuchs die Sammlung. Der Ethnologie-Professor kaufte über Zeitungsanzeigen Schellack-Platten in Ghana auf. „Das war total erfolgreich, es kamen 500 Platten zusammen.“ Als der Sender „Radio France International“ in Paris seine Vinyl-Schallplatten loswerden wollte, packte der Wissenschaftler sie in Kartons und holte sie nach Mainz.

Inzwischen sind dort nahezu alle afrikanischen Musikstile und jedes Land südlich der Sahara vertreten. Auf vielen der rund 800 Schellackplatten erklingt Highlife - diese Musikrichtung lieferte in Ghana den Soundtrack der Unabhängigkeitsbewegung, wie Archivleiter Hauke Dorsch erzählt. Aber auch Reggae aus dem Kongo und Kora-Klänge aus Mali, afro-kubanischer ChaChaCha und Jazz sind vertreten. Der Schwerpunkt des Archivs liegt auf Popmusik. „Auch Heavy Metal gibt es in Afrika, aber wenig“, berichtet Dorsch. Die Heavy-Metal-Szene von Madagaskar werde aktuell sogar wissenschaftlich untersucht, auch in Botsuana gebe es einige Bands.

Eine sehr beliebte Musikrichtung ist HipHop, etwa im Senegal, in Nigeria und Ghana. Am Anfang hätten afrikanische Musiker vieles von westlichen Künstlern kopiert, gesungen wurde auf Englisch oder Französisch. „Ab Ende der 1980er Jahre entwickelten sich dann charakteristische HipHop-Stile, mit der eigenen Sprache und eigenen Instrumenten“, erklärt der Ethnologe. Als Mix mit Highlife kam in Ghana der Hiplife auf.

Zuvor hatte Highlife auch Afrikaner begleitet, die ins Exil gingen. Ghanaer in Hamburg beispielsweise entwickelten den „Burger-Highlife“, eine verpoppte und elektrifizierte Version. „Der Stil wurde in der Diaspora fast noch erfolgreicher als zuhause“, sagt Dorsch.

Aber warum ist ein Archiv für afrikanische Musik in Deutschland wichtig - zehntausende Kilometer weit weg von den Heimatländern? „Die Musik geht sonst verloren“, erklärt der Ethnologe. In Afrika fehlten oft die Initiative und das Geld, um eigene Sammlungen zu bewahren. Ein deutscher Kollege versuche gerade, in Kamerun ein Archiv zu digitalisieren und damit zu retten. Keine einfache Aufgabe. Denn afrikanische Musik wurde oft auf Kassetten vermarktet - und die Magnetbänder halten nicht ewig. Auch sein Archiv will Dorsch digitalisieren.

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