13-jähriger Pianist begeistert die Jazzwelt

Denpasar (dpa) - Allüren hat der neue Stern am Jazz-Himmel noch nicht. Konzentriert schaut Joey Alexander auf die Tasten, keine wilden oder verzerrten Gesten. Dennoch kommt der Jazz-Pianist ganz locker rüber.

13-jähriger Pianist begeistert die Jazzwelt
Foto: dpa

Joey Alexander ist ganze 13 Jahre alt.

Der junge Indonesier begeistert die Jazz-Welt und reißt das Publikum von den USA bis nach Europa von den Stühlen. Im September kommt sein zweites Album, „City Lights“, mit bekannten und eigenen Komositionen raus.

„Jazz ist Spaß-Musik“, sagt der junge Musiker der Deutschen Presse-Agentur. „Es ist, als würde ein Musiker rufen, der andere antworten, und so erzählen alle ihre eigene Geschichte, durch Improvisation. Jeder hat doch seine eigene Geschichte.“

Die von Joey beginnt in Denpasar auf der Insel Bali in Indonesien. Bekannt ist sie als Urlaubsparadies mit malerischen Reis-Terrassen und Hindu-Exotik in dem muslimischen Land, und als eine Art „Ballermann-Mallorca“ der Australier. Die Insel gilt aber auch als Künstler-Paradies. Hier wächst Joey auf, damals noch Josiah, mit Jazz-verrückten Eltern, bei denen der Kleine Klänge von Louis Armstrong und anderen Interpreten aus der heimischen Jazz-Platten-Sammlung mit der Muttermilch aufsaugt.

Mit sechs, sagt er, greift er selbst erstmals in die Tasten, auf einem elektronischen Keyboard, und zeigt Talent. Der Vater ist begeistert und nimmt seinen Sohn zu Jam-Sessions mit. Innerhalb von zwei Jahren tritt der Dreikäsehoch mit Jazz-Größen auf.

„Jazz hat diesen Swing Feel“, sagt Joey. „Ich mag auch Mozart und Beethoven und Brahms. Ich glaube, die waren alle große Improvisatoren. Jazz ist voller Improvisation, und dann kommen noch all die anderen Einflüsse dazu: Afrikanisch, Karibisch, Latin Groove, Gospel, Blues. Und natürlich der Swing.“

Der schwingt auch schon ein bisschen in Joeys amerikanisch geprägtem Englisch mit. Er ist 2014 mit seinen Eltern nach New York gezogen, um näher an der Szene zu sein. „Englisch ist mein Lieblingsfach“, sagt er. In eine richtige Schule geht er nicht, wegen der vielen Reisen und Auftritte. „Ich mache Online-Kurse“, sagt er.

Zwei Stunden am Tag spiele er Klavier, ansonsten seien Videospiele eine Leidenschaft. Die Verwandten daheim fehlten ihm. Er hat einen verheirateten Bruder, der Joey vor kurzem zum Onkel machte. Und die Küche vermisst er. „Ein gutes indonesisches Restaurant haben wir in New York nicht nicht gefunden“, sagt Joey. Die christliche Familie ist tief gläubig. Vor den Auftritten wird gebetet.

Einer seiner großen Fans ist Jazz-Legende Herbie Hancock. Der heute 76-jährige hörte Joey als Achtjährigen und sagte ihm eine große Zukunft voraus. „Sie haben mir gesagt, dass sie an mich glauben, und an dem Tag habe ich beschlossen, meine Kindheit dem Jazz zu widmen“, sagt Joey dem Vorbild 2014 bei einer Gala zu dessen Ehren.

Jazz sei die Freiheit, sich auszudrücken, die Musik sei einfach in ihn eingdrungen. So richtig nach einem Kind von zwölf oder 13 Jahren klingt das nicht. Aber was ist schon richtig kindlich an einem, der von Jazz-Größen wie Hancock oder Wynton Marsalis wegen seiner musikalischen Reife über den grünen Klee gelobt wird. „Niemand hat je ein Talent gesehen, das in diesem Alter schon so gewandt und kultiviert spielt und seinen eigenen Sound hat“, sagt Marsalis.

Der Junge mit der großen Brille schweigt lieber und spielt. Wenn seine noch ziemlich kurzen Finger über die Tasten fliegen, huscht manchmal ein Lächeln über sein Gesicht. Oder er zieht die Augenbrauen hoch, als könnte er selbst nicht fassen, welchen Höhenflug der Töne er dem Klavier da gerade entlockt hat.

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