Winsor McCay entführt ins Land der Träume

Hannover (dpa) - Die erste Überblicksschau über das Lebenswerk des US-Comickünstlers und Trickfilm-Pioniers Winsor McCay ist von diesem Sonntag an in Hannover im Museum Wilhelm Busch zu sehen.

Seine bekannteste Serie „Little Nemo in Slumberland“ gehört zu den Comic-Klassikern: Im Zentrum steht ein kleiner Junge, der im Schlafanzug ins Land der Träume reist.

McCay sei geprägt worden von seiner langjährigen Arbeit als Plakat-Maler des Dime Museums in Cincinnati, sagte am Freitag der hannoversche Museumsleiter Hans Joachim Neyer. „Das war eine Art Varieté, wo Damen ohne Unterleib, Gorillamenschen, aber auch technische Errungenschaften wie die ersten Filme vorgeführt wurden.“ Mit Hilfe von 4000 Einzelbildern schuf McCay „Little Nemo“. Der zehnminütige Streifen war 1911 der erste Zeichentrickfilm der Geschichte.

Die Ausstellung „Winsor McCay (1869-1934) Comics, Filme, Träume“ wird bis zum 3. Juni in Hannover gezeigt und wandert danach nach Basel. Sie war bereits im Bilderbuchmuseum Burg Wissem in Troisdorf zu sehen. Mit ausführlichen Begleittexten stellt Kurator Alexander Braun den Zeichner mit dem hintersinnigen Humor vor, dem selbst in seinem Heimatland bisher keine große Retrospektive gewidmet wurde.

Die Wolkenkratzer-Architektur sowie Jugendstil-Elemente spielen eine wichtige Rolle in McCays surrealistisch anmutenden Illustrationen. Die Auseinandersetzung mit Ticks, Träumen und Alpträumen zieht sich durch seine Arbeiten. Braun sieht dafür auch biografische Gründe: McCays fast gleichaltriger Bruder habe seit der Kindheit an einer psychischen Erkrankung gelitten und sei von den Eltern in einer psychiatrischen Klinik untergebracht worden.

Die 180 Exponate der Schau - überwiegend in Zeitungen gedruckte Comics - geben einen Einblick in die aufregende Zeit Anfang des 20. Jahrhunderts in den USA. McCay ging 1903 nach New York, wo sich die Yellow Press entwickelte und besonders die Sonntagszeitungen mit ihren Comic-Beilagen reißenden Absatz fanden. In dieser Zeit landeten täglich 2000 neue Einwanderer aus der Alten Welt im Land der unbegrenzten Möglichkeiten - die Comic-Serien unterhielten auch Leser, die noch nicht so gut Englisch verstanden.

McCays Comics richteten sich eher an ein bürgerliches Publikum, dennoch verstand er sich auf massentaugliche Schockeffekte. Da stampft zum Beispiel im Feiertags-Comic zu Thanksgiving ein riesiger Truthahn durch Wohnviertel und zermalmt Häuser. In einem der fünf Filme, die in der Ausstellung zu sehen sind, mutiert ein Hundewelpe zum Monster, das eine Großstadt zerstören will. „McCay schuf damit die Blaupause für Monster-versus-Zivilisations-Plots von "King Kong" (1933) bis "Godzilla" (1954)“, erläutert Kurator Braun.

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