Werke aus der Sammlung Essl bringen 66 Millionen Euro

London (dpa) - Gerhard Richter gilt als einer der teuersten Künstler der Gegenwart. Doch nicht auf alle seine Werke stürzen sich Liebhaber und Investoren mit Begeisterung.

Werke aus der Sammlung Essl bringen 66 Millionen Euro
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Das musste Kunstsammler Karlheinz Essl in London erfahren, wo am Montagabend einige seiner Schätze zum Verkauf standen. Ausgerechnet die Versteigerung des am höchsten geschätzten Bildes lief mäßig: Für Richters „Netz“ wollte im Auktionshaus Christie's zunächst niemand das geforderte Mindestgebot berappen. Erst nach der Auktion schlug ein Bieter zu, der zuvor im Saal gesessen hatte. Für 7 Millionen Euro bekam er das abstrakte Bild, das doch bis zu 12,6 Millionen einbringen sollte.

Der Abend begann aufregend: Zwei Bieter lieferten sich übers Telefon eine kleine Fehde und trieben den Preis für die Skulptur „Aggregate“ des Briten Antony Gormley auf 1,6 Millionen Euro, mehr als das Fünffache des Schätzpreises. Besonders gut liefen fünf Bilder von Sigmar Polke, zusammen brachten sie 20,6 Millionen Euro ein - die „wohl großartigste Gruppierung von Polke-Werken, die je bei einer Auktion angeboten wurde“, verkündete Christie's voller Stolz.

Mit knapp 60 Millionen Euro lag der Gesamterlös der Auktion schließlich im Bereich des Erwarteten, dazu kommt noch der späte Verkauf von Richters „Netz“. Während Männer in T-Shirts und blauen Gummihandschuhen nach der rund eineinhalbstündigen Auktion die vier „Wolken“-Bilder von Richter abhängten und verluden - sie hatten mit fast acht Millionen Euro etwa den geschätzten Wert eingebracht -, versicherte Essl ein paar Meter weiter ausgewählten österreichischen Journalisten, dass er mit dem Ergebnis zufrieden sei. „Es ist auch eine große Erleichterung“, zitiert der ORF den Sammler. Immerhin hätten etwa die Hälfte der Werke mehr als das obere Schätzvolumen erreicht.

„Es fällt meiner Frau und mir nicht leicht, uns von diesen Werken zu trennen“, gab der Sammler in seinem offiziellen Statement zu. Über 50 Jahre haben er und Agnes Essl eine der bedeutendsten Privatsammlungen Europas zusammengetragen, rund 7000 zeitgenössische und Nachkriegs-Kunstwerke sind im Essl Museum im österreichischen Klosterneuburg bei Wien zu sehen.

Dessen Zukunft war über Monate ungewiss, denn die von Essl gegründete Baumarkt-Kette Baumax steckt in großen finanziellen Schwierigkeiten und braucht dringend frisches Geld. Essl hatte seine wertvolle Sammlung schon dem österreichischen Staat angeboten, der aber ablehnte. Als Retter in der Not erschien schließlich der Industrielle Hans Peter Haselsteiner. Der kaufte die Sammlung für etwa 100 Millionen Euro und brachte sie in eine neue GmbH ein, die zu 60 Prozent ihm, zu 40 Prozent Essl gehört.

Zur Refinanzierung des Ankaufs musste Essl sich allerdings von einigen Juwelen seiner Sammlung trennen, die die Kunstwelt aufhorchen ließen: Neben den Richter-Werken standen auch fünf Bilder des Deutschen Sigmar Polke auf der Liste, dazu unter anderem Georg Baselitz, Martin Kippenberger, Cindy Sherman und Neo Rauch. „Hong Kong, Grand Hyatt Park“ von Andreas Gursky war zunächst auch dabei, wurde aber kurzfristig zurückgezogen.

Essl und sein Sohn erlebten auch enttäuschende Momente in dem nicht ganz voll besetzten Saal. Neben Richters „Netz“ fanden drei weitere Bilder keinen Käufer, der das Mindestgebot bezahlen wollte. Einige Male ließ Auktionator Jussi Pylkkänen außerdem den Hammer auf sein Pult sausen, bevor die Untergrenze des Schätzwertes erreicht war.

Das Ziel ist dennoch erreicht. „Es ist bisher alles nach Plan gelaufen“, sagte ein Sprecher des Essl-Museums. Wie es weitergeht, ließ er zunächst offen. „Wir befinden uns in der Konsolidierungsphase der neuen GmbH“. Klar sei jedenfalls, dass die Güte der Sammlung nicht gelitten habe. „Es gibt noch viele andere Juwelen.“ Unter den insgesamt 7000 Werken seien weiterhin viele große Namen wie Neo Rauch, Anselm Kiefer, Georg Baselitz, Markus Lüpertz, Andreas Gursky und Jörg Immendorff zu finden.

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