Skulpturen in Wuppertal: Ästhetik, die in die Irre führt

Olaf Metzel zeigt in Wuppertal "Turkish Delight"

Wuppertal. Sie ist zwar keine klassische Schönheit, doch könnte der weibliche Akt von Olaf Metzel ohne weiteres aus dem 19. Jahrhundert stammen. Aus Bronze ist die zierliche Frauengestalt, die derzeit im Wuppertaler Von der Heydt-Museum ganz traditionell auf einem steinernen Sockel steht. Wenn da nur nicht das Kopftuch wäre, mit dem die Nackte bekleidet ist, und das aus dem ästhetisch schönen Frauenkörper eine Provokation macht.

"Turkish Delight" heißt die Skulptur, die ab Sonntag in der Ausstellung "no problem" mit Werken des Bildhauers Olaf Metzel zu sehen ist. Geradezu beispielhaft steht sie für die künstlerische Arbeit des in München lebenden Metzels, über die in Wuppertal ein Überblick von den achtziger Jahren bis heute geboten wird. Formal von höchster Qualität, legen die Skulpturen Metzels den Finger in die Wunden der Gesellschaft und treffen weit verbreitete Vorurteile, mögen sie auch in noch so guter Absicht verfasst sein.

Alles andere als politisch korrekt, unterlegt der Professor für Bildhauerei seine Arbeit keinerlei Denkverboten, doch erschöpfen sich seine Skulpturen nie in provokativen Inhalt. So bezieht sich "Turkish Delight" nicht nur auf das inzwischen über alle Maßen politisch und religiös aufgeladene Kopftuch, die Skulptur steht zudem im Kontext des Orientalismus, jenen Darstellungen des Orients von Ingres bis Manet, die das im Westen vorherrschende Bild des Morgenlandes als exotisch-sinnenfreudiges prägten. So fügt sich die kleine Werkschau perfekt in die Räume des Von der Heydt-Museums, dessen Sammlung größtenteils aus Malerei des 19. Jahrhunderts besteht.

Auf sie bezieht sich Metzel bewusst, auch wenn er von der damaligen Ästhetik abweicht. Erklimmt man das schöne Treppenhaus, ist man mit vier bronzene Galgenschlingen konfrontiert, in tödlicher Höhe angebracht. "Viererbande" (1998) nennt Metzel das drastische Ensemble mit Verweis auf die treibende Kraft der chinesischen Kulturrevolution. Ähnlich frappierend wirkt die Reihe beschmutzter Pissoirs im sonst der Barockmalerei vorbehaltenen Raum: "Milieufragen" (2007) stellt der umstrittene Bildhauer damit, nicht nur in Bezug auf Duchamp und das serielle Vorgehen der Minimal Art. Heimelig wirkt dagegen die Rauminstallation mit den beiden Werken "Im Grünen" (1992) und "Turbokapitalismus" (1999). Doch auch hier ist der Hintergrund irritierend: die Machenschaften der Amerikaner im Jugoslawienkrieg sowie Urlaub im Krisengebiet. No problem? Für Metzel nicht. Statt vorauseilendem Gehorsam setzt er auf offene Konfrontation. Damit lässt das Museum unter dem neuen Direktor Gerhard Finckh frischen Wind herein.

www.von-der-heydt-museum.de

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