Neues Cocteau-Museum in Südfrankreich eröffnet

Menton (dpa) - Loderndes Flammenmeer oder ein riesiges Herbstblatt im Licht? Den schönsten Blick auf das neue Jean Cocteau-Museum im südfranzösischen Menton an der Côte d'Azur hat man von oben.

Steht man davor, verlieren sich die arabesken Formen, die auf dem Dach des Museums zusammenlaufen. Übrig bleiben wellenförmig gestaltete Betonpfeiler, zwischen denen man von innen einen herrlichen Blick aufs Meer hat. Cocteau hätte die Architektur des 14 Millionen teuren Museums sicherlich gefallen. Sie spiegelt den Stil des Universalkünstlers wider, der als Schriftsteller ebenso tätig war wie als Regisseur und Maler - spielerisch, fließend, exzentrisch.

Das neue Museum liegt direkt am Meer, nur wenige Meter von der Bastion entfernt, der kleinen Museumsschwester. Denn bereits drei Jahre nach dem Tod Cocteaus widmete ihm die Stadt in dem Bollwerk aus dem 17. Jahrhundert ein Museum, das vor allem seine Gemälde und Keramiken in Form grotesker Skulpturen zeigt. In dem neuen Museum des französischen Architekten Rudy Ricciotti werden vorwiegend Cocteaus Zeichnungen, Manuskripte, Film- und Theaterarbeiten präsentiert. Cocteau war ein Tausendsassa. Er verband sein literarisches Talent mit seiner Begeisterung für Film, Theater und Kunst.

Menton kann sich rühmen, die größte Cocteau-Sammlung zu besitzen: rund 2 000 Werke in beiden Museen, wovon mehr als die Hälfte von dem steinreichen Uhrenhersteller und Kunstliebhaber Severin Wunderman stammen. Ohne ihn und seine großzügige Schenkung von 1 800 Werken, darunter 990 Arbeiten von Cocteau, wäre das spektakuläre Gebäude nie errichtet worden. Severin konnte die Einweihung des Museums nicht mehr miterleben. Der Cocteau-Fan starb im Juni 2008, nur wenige Monate vor der Grundsteinlegung am 29. Dezember 2008.

Cocteau, 1889 in der Nähe von Paris geboren, entdeckte die Hafenstadt im Jahr 1955 anlässlich eines Musikfestivals. „Es war Liebe auf den ersten Blick“, sagte er selbst. Ein Jahr später nur entwarf er für das Rathaus von Menton exzentrische Wandmalereien. Die Stadt ernannte ihn 1958 zum Ehrenbürger.

Cocteaus Filmerfolge „Die Schöne und das Biest“, „Die schrecklichen Eltern“ und seine Orpheus-Trilogie füllen das neue Museum. Neben Fotografien, Manuskripten und Plakaten zeugen vor allem die Zeichnungen von der vibrierenden Schaffenskraft des Mitbegründers des Surrealismus. Cocteau, der mit Picasso zusammenarbeitete, schuf Kompositionen, die teilweise unter Wirkung von Halluzinogenen entstanden sind: bizarre Gestalten aus nervösen, dynamischen Linien.

Rudy Ricciotti ist für seine modernen und kreativen Entwürfe bekannt. Warum er das Museum im Innern wie ein riesiges Großraumbüro gestaltet hat, das nur durch Schiebewände unterteilt wird, enttäuscht allerdings.

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