Bonner Doppelausstellung: Mit Krone und Krummsäbel

Doppelausstellung: Die Bundeskunsthalle und das Rheinische Landesmuseum widmen sich der Völkerwanderung und den Langobarden.

Bonn. Die Büste des römischen Kaisers Mark Aurel ist aus 22 karätigem Gold. Die 1,6 Kilogramm schwere Kostbarkeit, vor fast 70 Jahren in einem antiken Abwasserkanal Roms entdeckt, gehört zu den Glanzpunkten der Ausstellung "Rom und die Barbaren - Europa zur Zeit der Völkerwanderung", die in der Bundeskunsthalle in Bonn zu sehen ist. Rund 1000 Exponate von knapp 70 europäischen Leihgebern haben die Kuratoren gesammelt. Sie geben Zeugnis von der Zeit der Völkerwanderung. Der Marsch europäischer Stämme ist auch Thema der Ausstellung "Die Langobarden" im Rheinischen Landesmuseum.

Die Büste Mark Aurels wurde zu Lebzeiten des Kaisers wohl den Truppen vorangetragen, wenn es in den Kampf gegen die "barbaroi" ging. Sie sollte den Eindringlingen Stärke, Macht und Reichtum Roms signalisieren. Aber gerade an diesem Reichtum wollten die Barbaren ja teilhaben.

Die Markomannenkriege von 166 bis 180 gelten als die Vorboten der Völkerwanderung. Es gibt gesellschaftliche Umstrukturierungen und Siedlungsverlagerungen, es brodelt in den Donauprovinzen, in Norditalien, auf dem Balkan und im Barbaricum nördlich der mittleren Donau. Am Konflikt beteiligt waren Barbarengruppen bis zum Ostseeraum.

Manches brachten die Barbaren nach Hause, manches versteckten römische Soldaten vor der Schlacht noch eilig. So sind etwa Teile des Schatzes von Hildesheim wie die fein getriebene Silberschale mit der Büste des schlangenwürgenden Herakles oder der Helm von Deurne, der auch die Vorderseite des Ausstellungskatalogs ziert, zu sehen.

Eine animierte Europakarte mit Zeitleiste veranschaulicht die Wanderungsbewegungen. "Da kann man endlich mal erfahren, woher man kommt", sagt ein Besucher, der sich, schon etwas erschöpft von all den Eindrücken, auf einer Bank vor der Karte niedergelassen hat.

Im Rheinischen Landesmuseum liegt der Schwerpunkt auf den Langobarden. Vor allem die Kostbarkeiten aus Gräbern der Herrscher-Elite dokumentieren die hohe Kultur des seit Römertagen als Krieger gefürchteten Volksstamms. Mit rund 1000 erlesenen Exponaten schildert das Museum von der massivgoldenen Gürtelschließe bis zum todbringenden Langschwert die acht Jahrhunderte, in denen das germanische Volk auf der Bühne der europäischen Völkerwanderung zwischen seinen Ursprüngen im Norden und der Eroberung Norditaliens eine Rolle spielte.

Römische Bronzegefäße aus langobardischer Frühzeit an der Niederelbe, eine Scheibenfibel mit stilisierten Vogelköpfen aus rotem, im fernen Sri Lanka gefundenen Almandin, oder goldschimmernde Halbmond-Ohranhänger nach byzantinischer Mode zeigen die Einflüsse. Selbst Experten haben die oft "bodenfrischen" Funde aus Niederösterreich oder Ungarn noch nie zuvor gesehen, schildert Michael Schmauder stolz. Aus dem komplizierten historischen Geflecht der Epoche habe man die Langobarden als exemplarischen Fall der Völkerwanderung ausgewählt, erklärt der Experte.

Gruseln lässt der tödliche Krummsäbel eines Reiters der südrussischen Awaren, vor denen die Langobarden 568 mit einem Heerwurm aus 100000 Menschen nach Norditalien auswichen. Hier verschmolzen etwa in Kunst oder Rechtsprechung germanische Ursprünge und römische Kultur zu einer neuen Lebensart. Als sich der Eroberer Karl der Große 774 zum "König von Franken und Langobarden" ausrufen lässt, ist die Geschichte der Elbgermanen zu Ende und ihre spätrömisch geprägte Kultur wird im Karolingerstaat zu einem Fundament des heutigen Europa.

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