Häusliche Gewalt Ausstellung „Rosenstraße 76“ in Wülfrath konfrontiert Besucher mit häuslicher Gewalt

Die Ausstellung in einer Wohnung an der Halfmannstraße 24 konfrontiert Besucher eindrucksvoll mit häuslicher Gewalt.

Wülfrath. Die interaktive Ausstellung „Rosenstraße 76“ zum Thema häusliche Gewalt macht mehr als nachdenklich. An der Halfmannstraße 24 wurde eine Wohnung mit drei Zimmern und einem Bad in einem sonst leeren Wohnblock hergerichtet, in der verschiedene Formen von Gewalt dargestellt werden — aber auch Hilfsangebote sind zu finden. Eva-Maria Düring, SKFM-Bereichsleitung Familie und Frauen im Kreis Mettmann: „Diese Ausstellung soll die Besucher aufrütteln.“

Häusliche Gewalt: Ausstellung „Rosenstraße 76“ in Wülfrath konfrontiert Besucher mit häuslicher Gewalt
Foto: DJ

Gleich nach der Eingangstür steht der Besucher in einer Wohnküche, die gerade erst verlassen wirkt. Die Wände sind lachsfarben gestrichen, die Decke weiß. Besteck liegt herum, Kochbücher, Töpfe und Teller sind griffbereit. An den Wänden hängen Info-Zettel. Man soll das Leben in die eigene Hand nehmen, steht auf einem. Ein anderer verspricht schnellen und wirksamen Schutz in Frauenhäusern vor häuslicher Gewalt. Das ist allerdings etwas positiv formuliert. „Im Kreis Mettmann gibt es ein Frauenhaus und das war zumindest in der vergangenen Woche komplett belegt“, sagt Eva-Maria Düring. Betroffene Frauen müssen sich dann nach Alternativen umsehen, aber auch in den Einrichtungen in der Umgebung des Kreises Mettmann sind die Plätze nach Angaben von Eva-Maria Düring knapp.

„Das Schweigen brechen“ und „Einsehen, Schuld zu haben“, wendet sich an Opfer und Täter gleichermaßen. Auch hier werden die Hilfsangebote des SKFM dargestellt. „Wir bekommen bei der Interventionsstelle gegen häusliche Gewalt (Telefonnummer: 02104/1419221) immer mehr Anrufe“, berichtet die Bereichsleiterin. Das sei gut so, denn dies sei ein Zeichen dafür, dass Frauen für das Thema mehr sensibilisiert sind und nicht mehr alles hinnehmen. Ein Beispiel sei die Vergewaltigung in der Ehe, die früher als eheliches Recht deklariert wurde — und kaum strafrechtlich verfolgt wurde.

Die Kombination von Alkohol und Gewalt wird ebenfalls aufgegriffen. Im Schlafzimmer, in dem auch ein Baby-Bettchen steht, werden von einem CD-Player Erfahrungen von Betroffenen und Tätern abgespielt. Frauen und Männer berichten, wie sie die Gewalt erlebt und empfunden haben. Auf dem Nachtkästchen steht ein dazu unpassendes Foto — ein glückliches Paar nach der Hochzeit. Über dem Baby-Bettchen hängt ein Informationsblatt: „Bitte nicht schütteln“ ist darauf zu lesen. Man schüttelt unvermittelt den Kopf, weil es notwendig scheint, darauf hinzuweisen.

Häusliche Gewalt: Ausstellung „Rosenstraße 76“ in Wülfrath konfrontiert Besucher mit häuslicher Gewalt
Foto: DJ

Ein Tabuthema ist die Gewalt gegen Männer. Nicht bei der Ausstellung, auch damit befasst sie sich. Von Männern zwischen Macht und Ohnmacht wird berichtet, vom geschlagenen Mann, der meint „mir glaubt eh niemand“. Auch für sie gibt es Hilfen, die erklärt werden.

Im Kinderzimmer stehen ein Hochbett und ein Schreibtisch mit Stuhl. Die Kissen, Kuscheltiere und Spielzeuge sind bunt, hier könnte ein Mädchen wohnen. Sie hat ihr Tagebuch offen auf den Schreibtisch gelegt. Sie vertraut dem Buch an, wie sie die Beziehung ihrer Eltern empfindet, wie sehr sie davon belastet wird. Auf einem — eigentlich schönen, roten Kissen — sind drei Sätze vermerkt: „Kinderaugen weinen trocken. Kinderherzen schreien stumm. Kinderseelen sterben leise.“ Der Nachwuchs wird durch die häusliche Gewalt um seine Kindheit gebracht. „Das gilt natürlich auch, wenn sie nicht geschlagen werden“, sagt Eva-Maria Düring. Die beiden Spiele, die im Kinderzimmer liegen, wirken fast ironisch: „Risiko“ und „Spiel des Lebens“.

Besucher, die alle drei Wohnräume gesehen haben, werden wohl kaum etwas Entsprechendes im kleinen Badezimmer vermuten — weit gefehlt. Es geht zum Beispiel um Frauen, die mit Säure verätzt wurden. Auch um die Rolle der Ärzte, bei weniger auffälligen Verletzungen genau hinzusehen. Nicht alle Wunden müssen bluten. Auf dem Badezimmerspiegel wurde mit Lippenstift eine Liebeserklärung geschrieben. Genau diese Gegensätze von heimischer Idylle und Hölle zeichnen die Ausstellung „Rosenstraße 76“ aus. Es ist allerdings schwere Kost, die den Betrachter nicht kalt lassen kann.

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