Ausstellung: Londons keramische Schätze

Hetjens-Museum: Meisterwerke des Victoria&Albert Museums sind bis Ende Oktober in Düsseldorf zu sehen.

Düsseldorf. Wie David kommt sich Sally Schöne vor, die Leiterin des Düsseldorfer Hetjens-Museums. Denn ihr Keramikmuseum erhielt den Zuschlag vom Goliath Victoria & Albert Museum (A&V). "Welcome London" heißt die Schau mit Leihgaben des besten und größten Kunst- und Designmuseums der Welt.

Während der Sanierung des Großkomplexes an der Cromwell Road gehen 116 Artefakte der rund vier Millionen Sammlungsstücke auf Reisen. Das Institut ist das erste seiner Art. Es entstand 1852 als Reaktion auf die Weltausstellung im Londoner Kristallpalast und hatte die pädagogische Aufgabe, dem heimischen Kunsthandwerk beispielhafte Werke zur Anschauung zu bringen. Gekauft wurden viele Schaustücke der internationalen Messen.

Die Produktion von Keramik gehört zu den ältesten Kulturtechniken der Menschheit, und so beginnt denn auch der kurz gefasste Rundgang bei den chinesischen Vorfahren um 2500 vor Christus. Ein hell schimmerndes, unglasiertes Gefäß auf einem Dreifuß ist das älteste Stück der Ausstellung. Es wirkt wie ein Kultobjekt, als Abstraktion eines dreibeinigen Tieres. Der Griff könnte ein Schwanz sein. Allein dieser kleine Gegenstand in der Glasvitrine ist einen Besuch wert.

Es gibt aber auch große, spektakuläre Dinge wie ein meterhohes rituelles Zepter aus dem alten Ägypten (um 1400 vor Christus). Was daran fasziniert, ist der Knauf, der wie der Kopf einer Tiergottheit ausgebildet ist. Das himmlische Blau, mit dem es gefärbt ist, imitiert die mineralische Farbe des Lapislazuli, der einst wie heute zu den teuersten Edelsteinen gehört und dem man magische Wirkungen zuschreibt.

A&V sammelt Kostbares, Kunstvolles und Kurioses. Bestes Beispiel ist ein Eberkopf als Trinkgefäß aus attischer Zeit. Die Antike sah in einem solchen Schweine-Kopf den mythologischen Bezug, den Verweis auf das göttliche Schicksal, Sinnbild eines Untieres. Wir Nachgeborenen erschrecken weniger, als dass wir uns über das komische Objekt erfreuen. Es entstand in der raffinierten Technik der Griechen, die die Zufuhr und Reduzierung des Sauerstoffs beim Brennvorgang fast wissenschaftlich genau kalkulierten und dabei zu ihrer berühmten "schwarzfigurigen Malerei" auf den Gefäßen stießen.

Der Ausstellungsraum des Hetjens-Museums ist allzu klein, um die Schaustücke gut zu präsentieren. Schamhaft in eine Ecke geklemmt, sitzt ein schokoladenbrauner Buddha in Lebensgröße. An seinem einstigen Standort in einem nordchinesischen Tempel wird sein prächtiger, grüner, glasierter Umhang in der Sonne gefunkelt und die Gläubigen herbeigelockt haben. Jetzt muss er mit ein paar Spots angeleuchtet werden.

Das gilt auch für die raffinierte Prunkschale von Bernard Palissy, ein Renaissance-Künstler, der berühmt wurde, indem er originale Tiere wie Grasfrosch, Schlange, Echse und Muscheln abformte und den Naturalismus um 450 Jahre vorausnahm.

Zu den erstaunlichen Dingen gehört eine britische Punschbowle aus Fayence (1765), die so gigantisch in ihren Ausmaßen ist, dass man gern glauben mag, wie ausufernd die Gelage der englischen Gesellschaft gewesen sein müssen.

Der zynische Künstler William Hogarth berichtet in seinen Bildern von Perücken, die im Suff über die Gesichter rutschten. Die Blumenpyramide aus dem Delft des 17. Jahrhunderts beeindruckt durch ihre Größe. In ihre unzähligen Tüllen steckten Blumenfreunde je eine Tulpe; sie stammt ursprünglich aus einem niederländischen Schloss.

Auch die lebensgroße Porzellan-Figur der griechischen Göttin Hebe vom dänischen Klassizisten Bertel Thorvaldsen macht aufmerksam. Ihr Superlativ: Die grazile, dennoch 137 Zentimeter große Gestalt gilt als größte Porzellanfigur der Welt. Zum Überblick gehören auch eine Picasso-Vase aus Vallauris und eine Apollo-Büste aus der Nicholas Fouquay-Fabrik in Rouen.

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