Ai Weiwei eröffnet ein Studio in Berlin

Peking (dpa) - Der berühmteste chinesische Gegenwartskünstler Ai Weiwei eröffnet ein Studio in Berlin. Der in China politisch unter Druck stehende Regimekritiker schafft sich damit einen zusätzlichen Standort, um seinen Tätigkeiten in Deutschland und Europa besser nachgehen zu können.

Pläne für einen kompletten Umzug hat der 53-Jährige vorerst aber nicht. „Ich will so wenig wie möglich in Europa sein, aber ich könnte keine andere Wahl haben, wenn mein Leben oder meine Existenz irgendwie bedroht sein sollten“, sagte Ai Weiwei am Dienstag der Nachrichtenagentur dpa.

„Die Atmosphäre in Berlin ist gut. Die Stadt hat viele Künstler und ist vergleichsweise günstig“, sagte Ai Weiwei. Seit zwei bis drei Monaten liefen die Vorbereitungen für das Studio im Berliner Stadtteil Oberschöneweide, bestätigte Ai Weiwei einen entsprechenden Bericht der „Berliner Zeitung“. „Ich habe viel Arbeit in Deutschland und Europa, deswegen brauche ich einen Arbeitsplatz.“ Auf dem ehemaligen AEG-Gelände, auf dem zu DDR-Zeiten das Kombinat VEB Kabelwerk Oberspree produzierte, will Ai Weiwei nach Angaben der Zeitung vier Hallen kaufen und 4800 Quadratmeter beziehen. Zum Gallery Weekend wird er dort am 29. April eine Ausstellung eröffnen.

Wegen seiner offenen Kritik am diktatorischen Regime ist der weltberühmte Künstler im offiziellen China schon länger in Ungnade gefallen. Bei seiner Arbeit stoße er immer wieder auf Schwierigkeiten, beklagte Ai Weiwei. Bisher hat er seine Werke noch nie in seiner Heimat zeigen können. Eine geplante erste Werkschau im Ullens Zentrum für Gegenwartskunst (UCCA) im Künstlerviertel 798 in Peking war diesen Monat auf politischen Druck hin abgesagt worden. Auch wurde sein neu gebautes Studio in Shanghai im Januar abgerissen.

„Es ist wahr, dass die Möglichkeiten des künstlerischen Ausdrucks in China sehr gering sind“, sagte Ai Weiwei. „Aber ich plane nicht, nach Deutschland auszuwandern.“ Das Reich der Mitte sei seine Heimat. „China ist der Ort, der mir vertraut ist, und letztendlich bin ich ein chinesischer Staatsbürger“, sagte der Künstler. „Ich werde weiter versuchen, mein Bestes zu geben, um die Arbeitsbedingungen hier zu verbessern.“ Seine Arbeit drehe sich vor allem darum, die künstlerischen Freiräume in China zu verbessern.

Er arbeite an Filmdokumentationen, mache Recherchen und Kunstprojekte. „Natürlich sind die Behinderungen immer da, aber das gibt meiner Arbeit ja auch seine Bedeutung.“ Den chinesischen Behörden sind auch seine öffentlichen Aktionen ein Dorn im Auge. So hat Ai Weiwei beispielsweise nach dem verheerenden Erdbeben 2008 in der Provinz Sichuan angefangen, die Namen der Kinder zu dokumentieren, die in - durch Korruption und Pfusch am Bau - schlecht gebauten und dann eingestürzten Schulen ums Leben gekommen waren.

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