60 Jahre deutsche Kunst

Ereignis mit Aufregung: Wird die Kunst aus der DDR bewusst verschwiegen?

Berlin. Das Grundgesetz existiert nicht nur auf dem Papier. Doch wie weniges in der deutschen Geschichte zuvor war es die Grundlage für ein fruchtbares künstlerisches Schaffen. In der Bundeshauptstadt lässt man es in der wie eine Staats-Schau angelegten Ausstellung "60 Jahre - 60 Werke" im Martin Gropius Bau Revue passieren.

Geschichte als große, wechselvolle Kunstreise durch die Entwicklung von Malerei, Skulptur, Fotografie und Installationskunst, die seit 1949 entstanden sind. Ob Georg Baselitz, Joseph Beuys, Ruprecht Geiger, Rebecca Horn oder Gerhard Richtern - nach dem Zweiten Weltkrieg habe die Bundesrepublik die "beispiellose Kulturblüte einer freien Gesellschaft" erlebt, sagt Kunstkritiker Peter Iden. Eröffnet hat die Schau denn auch Bundeskanzlerin Angela Merkel.

Entstanden sei die Idee, für jedes Jahr ein Schlüsselwerk von einem in der Bundesrepublik lebenden Künstler zu zeigen, aus einer Gruppe von Kunsthistorikern und Ausstellungsmachern. Daraus habe sich ein Kuratorium gebildet, das für Konzeption und Auswahl verantwortlich gewesen sei. Präsentiert werden künstlerische Positionen, "die auf der sicheren Grundlage des Grundgesetzes, nämlich der staatlich garantierten künstlerischen Freiheit" geschaffen wurden.

Die Auswahl sei ein "Korsett" für die Werkauswahl gewesen, die Schau habe daher nicht Anspruch auf Vollständigkeit, betonte Iden. Ergänzt wird jedes Werk mit weiteren Bildern der Künstler.

Von Werner Heldts "Stillleben mit Häuserblick oder Berlin am Meer" (1949) bis zu Tobias Rehbergers Lichtinstallation "Anderer" (2009) - die Ausstellung bietet ein Panorama bundesrepublikanischer Kunst als "Erinnerungsarbeit". Gezeigt wird so Joseph Beuys’ mit Filz überzogener Konzertflügel, eine von Markus Lüpertz zusammengestellte Affensammlung für Jörg Immendorff und Martin Kippenbergers lebensgroße Holzgondel "Sozialkistentransporter". Von der Düsseldorfer Kunstakademie ist aber auch Thomas Schütte vertreten.

Die Ausstellungsmacher wiesen bereits zuvor laut gewordene Vorwürfe zurück, die Schau schließe Kunst aus der DDR aus. Die Auswahl sei im Geiste des Grundgesetzartikels 5, Absatz 3 getroffen worden: "Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei", wie Kuratoriumssprecher Walter Smerling betonte. Die DDR habe freie Kunst unterdrückt. "Es geht hier nicht um Staatskunst", ergänzte Iden. Allerdings seien etwa mit Penck, Richter oder Uecker Künstler vertreten, die aus der DDR kamen und hier frei arbeiten konnten. Und aus der Nachwende-Zeit hängen an prominenter Stelle mehrere Werke von Neo Rauch aus Leipzig an den Wänden.

Neben den Kunstwerken wird auch der zeitgeschichtliche Hintergrund ihrer Entstehung präsentiert. Auf 60 Monitoren werden in Filmausschnitten die gesellschaftlichen und politischen Ereignisse jeweils eines Jahres nacherzählt. Die Filme wurden aus Archiv-Material des WDR zusammengestellt. Auf sechs "interaktiven Tischen" werden überdies für jede eine Dekade Kunstströmungen der Zeit miteinander verbunden.

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