Thomas Virnich : Die Villa Kunterbunt des Thomas Virnich in Krefeld
Krefeld. Galerist Ralph Kleinsimlinghaus zeigt Werke des Bildhauers in der Krefelder Villa Goecke.
Kleine Kinder sind neugierig. Sie belassen es nicht bei den Hüllen, sondern nehmen die Dinge auseinander, um ihr Innenleben kennenzulernen. Auch Thomas Virnich ist neugierig, aber er ist ein gestandener Mann von 62 Jahren. Als Bildhauer will er nicht wie Goethe wissen, was die Welt im Innersten zusammenhält. Den Faust´schen Drang ersetzt er durch die handwerkliche Tat. Dass dabei eine „Villa Kunterbunt“ herauskommt, so der Ausstellungstitel der Villa Goecke, ist sprichwörtlich für ihn. Seit 35 Jahren stülpt er das Innere nach außen und die Fassade nach innen. Ein Spielertyp, der farbenfrohe Kunst erzeugt.
Als ihn Ralph Kleinsimlinghaus in sein prächtiges, denkmalgeschützte Galeriehaus einlud, karrte er nicht einfach seine kunstvollen Objekte an, sondern inspizierte die historischen, denkmalgeschützten Räume. Anschließend zeichnete, baute und zerlegte er sie. Normalerweise haben Innenräume eine Atmosphäre. Beim Kollegen Gregor Schneider sind es Gefühlsräume. Bei Virnich werden Innen- und Außenräume nach dem Zerlegen ineinander geschoben, bevor eine phantastische Palme durch den gesamten Luftraum zieht, um von außen nach innen zu kommen.
Der dicke Mann im
glänzenden Keramik-Auto
Virnich stopft in das alte Industriellenhaus von 1886 wie in seine Alltagshäuser all seine Fantasien. Die Dresdner Frauenkirche ist nun in alle vier Himmelsrichtungen zergliedert und zerschnitten, als handele es sich um ein futuristisches Gebäude. Kurz vor der Vernissage hockte er über einer altmeisterlichen Kirche und zupfte so lange am Innenleben, bis eine gelbe, ganz moderne, abstrakte Mini-Kirche zum Vorschein kam. Man kann ihn dennoch nicht als einen Fantasten bezeichnen, denn er betont gern, er gehe von einem belebten, realen Haus aus. Doch eigentlich ist seine Architektur ein Puzzle- und Steckspiel. Völlig respektlos lässt er den Dom krumm und schief werden, als gehe er gleich wie Brei auseinander.
Im ersten Ausstellungsraum begrüßt ein übergroßer Wichtel im viel zu kleinen Auto. Ob er das Auto persifliere, weil der Mann so viel größer als sein Gefährt ist? Völlig ernst erzählt Thomas Virnich, wie spannend das Thema gerade werde, denn er habe einen zweijährigen Enkel, und der interessiere sich für alles, was beweglich ist. Erklärend fügt er hinzu: „In der Fantasie ist das Autofahren ja viel besser als in der Realität, denn da steht man im Stau. Aber in Gedanken fährt so ein Ding fliegend davon.“
Doch plötzlich spricht aus ihm der Herr Professor von der Kunstakademie Braunschweig: „Der Autofahrer ist innen hohl. Ich baue ihn regelrecht auf. Ich habe einen großen Keramik-Ofen, damit die Arbeiten gebrannt und im Garten stehen können. Ich stelle sogar Messingplatten unter die Skulpturen, damit sie im Freiraum nicht wackeln.“