„Laune der Natour 2018“ Krachendes Auswärtsspiel der Toten Hosen in Essen

Die Düsseldorfer Band "Die Toten Hosen" sind die dominierenden Ballbesitzfußballer der Musik und zelebrieren in Essen ein Konzertspektakel vor 25 000 Fans.

Essen. Die letzte Erinnerung, die Campino an Essen hat, ist eine schlechte. Er und die Bandkollegen seien damals zum Auswärtsspiel ihrer Düsseldorfer Fortuna ins Stadion an der Hafenstraße gefahren. Beim Aussteigen aus dem Bus habe eine Horde Essener Fußballfans die Musiker inmitten des übrigen Düsseldorfer Kuttenvolkes erblickt — und mit einem zünftigen „Scheiß Tote Hosen!“-Liedchen begrüßt. Der Charme des Ruhrpotts — irgendwann holt er jeden ein. Auch Rockstars. Nur dass die natürlich ungleich mehr Möglichkeiten der süßen Rache haben als Otto Normalverbraucher.

„Laune der Natour 2018“: Krachendes Auswärtsspiel der Toten Hosen in Essen
Foto: dpa

Sie können zum Beispiel den Auftakt zur Open-Air-Saison nach Essen verlegen. Ins Stadion des dortigen ersten Fußballvereins Rot-Weiß. Nur Tage nachdem der eigene Club in die erste Liga aufgestiegen ist, während RWE seit Jahren und weiterhin sein Dasein in den Niederungen des Regionalligasports fristet. Und dann wird gleich zu Beginn — „Was kann es für einen Düsseldorfer Schöneres geben?“ — das „Auswärtsspiel“ rausgehauen. Später dann — mehr hämisch als tröstend — „Steh’ auf, wenn du am Boden bist“. Und „Alles aus Liebe“ natürlich, was zur heillos romantischen, völlig überzeichneten, wunderbaren Huldigung der Fortuna gerät, die hier in Essen nicht viel weniger verabscheut wird als in Köln und von der mehrere Spieler auf Einladung der Toten Hosen auf der Tribüne sitzen und bei Rock aus der Musik-Liga eins von der ersten Liga träumen.

Campino grinst sich eins. Am Ende hat er sich dann revanchiert für den unverschämten Akt des Willkommens damals. Und die Essener unter den Zuschauern — und das sind verdammt viele, weil sie recht laut zu hören sind mit ihren Pfiffen zwischen gespielter Empörung und vielleicht ein bisschen Wut, sobald Campino mal wieder die Verbal-Spitzen setzt — haben den Toten Hosen verziehen.

Wie könnten sie aber auch nicht nach so einem Gemälde von Konzert mit einer Dramaturgie, die auf wieder einmal sagenhaften 35 Songs fußt. Allein die ersten acht davon, von besagtem „Auswärtsspiel“ über „Liebeslied“ und bis hin zu „Bonnie & Clyde“, sind so rasend kombiniert, wie man es lange nicht mehr erlebt hat bei dieser Band, die routiniert sein könnte, es aber nicht ist, weil sie es dafür viel zu gerne viel zu sehr krachen lässt.

Selbstredend, dass auch der Abgang maximal stilvoll gerät: „You’ll never walk alone“ ist gebongt. Keiner geht alleine durchs Leben. Kein Essener. Kein Düsseldorfer. Niemand. Und dann rennen Campino, Kuddel, Breiti, Andi und Vom an der ersten Zuschauerreihe vorbei und unter der Haupttribüne hindurch gen Spieler-Musiker-Kabine, krachen dabei beinahe mit verschwitzten verdutzten Fans zusammen. Und wissen: Kurz nach dem Anpfiff der Freilicht-Tour zu ihrer „Laune der Natur“-Platte, die im Oktober mit zwei Heimspielen in der Heimat abgepfiffen wird, führen sie schon verdient und drückend überlegen mit Eins zu Null. Die Toten Hosen sind die dominierenden Ballbesitzfußballer der Musik.

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