Köln eröffnet seine Kulturinsel

Zwei Museen bekommen nach 15 Jahren Bauzeit mehr Raum.

Köln. Köln feiert: Am Freitag wird am Neumarkt ein Kulturkomplex eröffnet, der ein Völkerkunde- und ein Mittelalter-Museum beherbergt - eine Museumsinsel zwischen Schnellstraßen und U-Bahn-Baustellen.

15 Jahre haben die Kölner daran gewerkelt. Die Baustelle erlangte zeitweise traurige Berühmtheit als das "Kölner Loch" - eine Brache mitten im Zentrum. Die Stadt hatte dort eine Kunsthalle abgerissen und dann festgestellt, dass ihr zum Neubauen das Geld fehlte.

Aber jetzt steht dort der festungsartige Ziegelkomplex, den ein Lichthof mit großzügigem Foyer durchschneidet. 61,3 Millionen Euro hat der spröde Monumentalbau gekostet, der sich gut in die Domstadt einfügt.

Drinnen präsentieren sich zwei Museen, die viel besser sind, als ihre Namen vermuten lassen. Das eine nennt sich drollig Schnütgen, das andere sperrig Rautenstrauch-Joest.

Das war bisher ein Völkerkundemuseum, firmiert nun aber als Museum für die Kulturen der Welt. Sein Leitgedanke ist: Wie gehen Menschen in anderen Kulturen mit den großen Fragen des Lebens um? Beispiel Tod: Bei uns wird er verdrängt, woanders ins Leben integriert.

Hinter dem Namen Schnütgen verbirgt sich ein feines Mittelalter-Museum, das bisher aus Platzmangel nur ein Zehntel seines Bestands zeigen konnte. Jetzt bekommt es 1000 Quadratmeter mehr, erstreckt es sich auf die angrenzende romanische St. Cäcilien-Kirche und auf den Neubau.

Das Museum verfügt über absolute Glanzstücke, darunter einen 1000 Jahre alten Jesus am Kreuz, der aussieht, als wäre er vor 100 Jahren von dem Expressionisten Ernst Barlach geschnitzt worden.

Der Schätzwert liegt im achtstelligen Bereich. Zeitlos schön auch die Glasmalereien aus rheinischen Kirchen: Da sieht man jede Träne, jede Hautfalte.

Noch filigraner sind die Heiligenfiguren, die winzig klein aus Obstkernen geschnitzt wurden. Und dann das Tischsargerl - es zeigt eine Leiche, die gerade vom Ungeziefer zerfressen wird. So etwas hatten Machtmenschen früher auf dem Schreibtisch stehen, um sie vor dem Größenwahn zu warnen.

Das Museum illustriert auch das Messewesen des Mittelalters mit den begehrten Reliquien. Gutbetuchte konnten einen ganzen Schädel kaufen, der in einer Tragetasche in Gestalt eines aufklappbaren Holzkopfes verstaut wurde. Für den Durchschnittstouristen gab’s angenehm leichte Reliefs aus Pappmaché. Und Messestadt ist Köln geblieben.

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