Jon Bon Jovi: „Politiker sollten mal von Sozialhilfe leben müssen“

Der Rockmusiker Jon Bon Jovi ist von US-Politikern frustriert und spricht über Bühnen-Design und soziales Engagement.

Herr Bon Jovi, muss jede neue Tour Ihrer Band größer sein als die vorherige?

Jon Bon Jovi: Diese Produktion ist groß, ja. Aber sie ist nicht verschwenderisch. Wissen Sie, ich sehe mir oft Arenen- und Stadionkonzerte anderer Bands an, und manchmal frage ich mich: Was will uns der Künstler mit diesem Bühnenaufbau sagen. Das ist Kunst, kostet einen Haufen Geld und gehört vielleicht ins Museum, aber bestimmt nicht auf eine Rockbühne.

Ich suche für Bon Jovi immer nach einer praktischen Lösung, nach einem Aufbau, den man gut transportieren kann. Ich möchte unserem Publikum nicht zumuten, jeden Abend das Bühnendesign interpretieren zu müssen. Mann, es ist doch nur ein Rockkonzert. Dafür braucht es eigentlich nur ein Mikrofon und einen Scheinwerfer.

Machen Sie sich viele Gedanken über die Songauswahl?

Bon Jovi: Nicht wirklich. Klar wird unser Katalog immer größer, die neuen Songs sollen auch ihren Platz im Programm haben. Aber die Hits dürfen wir nicht vernachlässigen. Ich glaube, ich habe ein gutes Händchen dafür, was funktioniert.

Wie persönlich sind Ihre neuen Songs?

Bon Jovi: Songs wie „The Fighter“ gehören zu den persönlichsten, die ich je gemacht habe. Andere Texte lesen sich wie Briefe an meine Kinder. Und „Because We Can“ ist eine erhebende Hymne im typischen Bon-Jovi-Stil. Wissen Sie, ich bin 50 Jahre alt, ich muss keine oberflächlichen Partylieder mehr schreiben. Meine Songs reflektieren das, was in der Welt tatsächlich vor sich geht — aus meinem persönlichen Blickwinkel.

Vier Jahre nach Slogans wie „Hope“ und „Change“ möchte ich von der Politik keine Versprechungen mehr hören. Ich will sehen, dass sich konkret etwas ändert. Mit unserer Single „Because We Can“ wollen wir sagen: Hört auf zu quatschen und tut endlich was!

Helfen Ihre Songs, die Welt besser zu verstehen?

Bon Jovi: Ich habe einfach viel von der Welt gesehen, unsere Tourneen führen uns seit 30 Jahren regelmäßig rund um den Globus. Ich bin mit der wirtschaftlichen Situation von Asien, Europa oder Afrika einigermaßen vertraut, denn ich bin ja selbst dort gewesen. Dieses Jahr spielen wir aus naheliegenden Gründen nicht in Spanien oder in Griechenland.

Was erwarten Sie denn von Barack Obamas zweiter Amtszeit?

Bon Jovi: Ich hoffe auf Kompromisse zwischen den Demokraten und den Republikanern. Ich empfinde diese endlosen Diskussionen um die Fiskalpolitik frustrierend, während die Mittelklasse immer mehr auseinanderbricht. Die Reichen müssen definitiv höher besteuert, den Armen muss aktiv geholfen werden. Ich finde, Politiker sollten mal von Sozialhilfe leben müssen, dann wüssten sie wenigstens, wie Armut sich anfühlt.

Der Präsident hat Sie in ein Gremium im Weißen Haus berufen. Es soll neue Wege finden, um junge Menschen in Schwierigkeiten wieder in die Gesellschaft einzugliedern. Wie wollen Sie das schaffen?

Bon Jovi: Ich informierte die Mitglieder dieses Gremiums über das, was ich beobachtet hatte. Wir haben in Amerika junge Menschen, die in Obdachlosenunterkünften leben müssen. Die wollen eigentlich arbeiten, aber sie kommen nicht an die dafür notwendigen Papiere wie Geburtsurkunden heran. Wenn du ein Kind bist, das deine Eltern eigentlich nicht haben wollten, kriegst du solche Dokumente einfach nicht. Ein Teufelskreis. Aber man kann Menschen mit relativ einfachen Mitteln helfen.

Ist Arbeit das Wichtigste?

Bon Jovi: Arbeit ist enorm wichtig für die Würde. Meine Frau und ich betreiben in New Jersey ein Restaurant, es heißt Soul Kitchen. Auf der Speisekarte stehen keine Preise. Wer nichts hat, muss auch nichts bezahlen. Es ist aber keine Armensuppenküche, sondern ein richtiges Restaurant, wo man von richtigen Tellern Drei-Gänge-Menus essen kann.

Als Gegenleistung erwarten wir, dass sich der Gast im Garten nützlich macht oder beim Abwasch hilft. Auf diese Weise senken wir unsere Fixkosten und helfen, Menschen in Arbeitsprozesse einzugliedern. Bei uns hat niemand das Gefühl, Almosen zu bekommen. Aber zu uns kommen auch Gäste, die 20 Dollar für ihr Essen und das ihres Tischnachbarn bezahlen. So bringen wir Menschen zusammen.

Es heißt, Sie seien mit den Obamas befreundet. Haben Sie selbst politische Ambitionen?

Bon Jovi: Nein, habe ich nicht. Es wäre vermessen, wenn ich Barack Obama als persönlichen Freund bezeichnen würde. Er ist mein Präsident. Und ich schätze mich glücklich, dass ich mich mehrfach mit ihm austauschen durfte.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Liebe und Hass in der Vorstadt
Peter Kurth und Peter Schneider ermitteln im „Polizeiruf“ nach einem Kindsmord in Halle/Saale Liebe und Hass in der Vorstadt
Zum Thema
Aus dem Ressort