Zu viele Menschen machen zu viel Müll

„Wall-E“-Regisseur Andrew Stanton über seine neue Kreatur und die Arbeit bei Pixar.

Er ist ein Pionier in Sachen Animation: Andrew Stanton hat in "Das große Krabbeln" erst Käfer als Helden inszeniert, in "Findet Nemo" dann einen Goldfisch. Jetzt animierte der 42-jährige Oscarpreisträger den altmodischen Roboter Wall-E.

Mr. Stanton, Sie hatten eine ungewöhnliche Idee: ein Science-Fiction-Romanze über einen Roboter. Wie sind Sie auf diesen blechernen Protagonisten gekommen?

Stanton: Das geht zurück auf einen Satz, der bei einem Mittagessen fiel, als wir vor 14 Jahren an "Toy Story" arbeiteten. Wir haben überlegt, welchen Film wir als nächstes machen sollten, haben viel über Käfer gesprochen, und da wurde dieser eine Satz geäußert: "Was wäre, wenn die Menschen die Erde verlassen hätten, aber vergessen hätten, den letzten Roboter abzustellen? Der würde dann immer weitermachen!" Und ich dachte nur, dass das eine sehr einsame Figur in einer sehr interessanten Situation abgeben würde. Es ist ja ein sehr menschlicher Zustand, innezuhalten und sich zu fragen: "Ist das, was ich mache, sinnvoll - oder gibt es im Leben noch mehr?"

Was ist mit der Erde passiert, dass sie von den Menschen völlig verlassen wurde?

Stanton: Es gab einfach zu viel Müll. Die Menschen kauften zu viel und ließen den Müll einfach liegen. Das Essentielle, der Sinn des Lebens geriet in Vergessenheit, und wurde von allem Möglichen ersetzt. Denn das genau machen wir: Wir gehen lieber Einkaufen, anstatt uns mit Problemen oder anderen Menschen zu beschäftigen.

Wie lange hat es gedauert, das Design von Wall-E auszutüfteln?

StantoN. Etwa sechs Monate. Das Gesicht konnte ich mir lange nicht vorstellen, bis ich zu einem Baseballspiel gegangen bin, wo mir jemand sein Fernglas geliehen hat. Das war’s - das waren die Augen! Ich war so damit beschäftigt mir vorzustellen, wie man mit dem Fernglas einen traurigen oder wütenden Ausdruck hinbekommt, dass ich nichts vom Spiel mitbekommen habe. Das Fernglas lieferte den Grad an Einfachheit, den ich für Wall-Es Gesicht gesucht habe. Auch wenn es auf den ersten Blick nicht wie ein menschliches Gesicht aussieht - sobald es sich bewegt, entdeckt man das Menschelnde.

Wall-E hat was von Woody Allen: Er ist klein, nicht mehr der Jüngste, hoffnungslos unattraktiv und dabei rührend liebenswert.

Stanton: (Lacht) Und einige finden, er ähnelt E.T. - vielleicht liegt es daran, dass es sich auch um eine unschuldige Figur handelt.

Ihre zweite Hauptfigur ist Eve, ein ultramodernes, weißes Hightech- Objekt. Ist das eine Verbeugung vor Apple und Steve Jobs?

Stanton: Ja, wir sind riesige Apple-Fans Auf jeden Fall ist Eve das absolute Gegenteil von Wall-E, der kantig, dreckig und rostig ist, mit simpler Technik. Sie dagegen schwebt, ist rund und glatt.

In Verbindung mit Wall-E reden Sie über "Einsamkeit" und "Sinnlosigkeit", Begriffe, die man eigentlich nicht mit einem Trickfilm in Verbindung bringt.

Stanton: Doch, ich schon! Warum soll ein Trickfilm anderes Gedankengut haben als andere Filme? Darum haben wir damals "Toy Story" gemacht: Denn der Animationsfilm drohte zum niedlichen Babysitter zu verkommen. Das hat uns frustriert. Wir haben das Bedürfnis verspürt, Animationsfilme zu schaffen, die genauso intelligent, tiefgründig und filmisch attraktiv gestaltet sind wie andere Filme auch.

Hat sich Pixar in den vergangenen 18 Jahren denn nicht verändert?

Stanton: Nein, gar nicht. Alles, was wir seit "Toy Story" gemacht haben, ist mit derselben Gruppe entstanden, die die gleiche Wellenlänge haben. Uns wird der Rücken so freigehalten, dass wir uns nicht um das Gerede der Aktionäre, der Buchhaltung und des Marketings kümmern müssen. Man lässt uns in Ruhe machen, wozu wir Lust haben. Wir können daher wie Kinozuschauer denken, nicht wie Studiobosse. Daher die Frage: "Was würden wir selbst gern sehen?"

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