Patina gefragt Verstaubt und begehrt: Requisiten im Studio Babelsberg

Potsdam (dpa) - „Es ist alles ein bisschen staubig hier“, entschuldigt sich Peter Armbrüster, der im Studio Babelsberg über den Requisitenfundus wacht. „Aber wir dürfen ja hier nicht putzen.“ Denn Armbrüsters Kunden wollen die besondere Patina: „Wenn das glänzend poliert wäre, nimmt das keiner mehr.“

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In Potsdam-Babelsberg steht das weltweit älteste Großatelier-Filmstudio. Und nach 105 Jahren Filmgeschichte lagern mehr als eine Million Requisiten in den Hallen auf dem Studiogelände - es ist der größte derartige Fundus Europas.

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Am 12. Februar 1912 ging in einem Glashaus auf dem Babelsberger Studiogelände erstmals ein Jupiter-Filmscheinwerfer an: Gedreht wurde „Der Totentanz“ mit dem Stummfilmstar Asta Nielsen. Später folgten etwa Fritz Langs „Metropolis“ (1926) und „Der Blaue Engel“ mit Marlene Dietrich (1929). Auch Alfred Hitchcock lernte sein Handwerk in den 1920er Jahren als Regieassistent in Babelsberg und drehte dort mit Graham Cutts den Film „Die Prinzessin und der Geiger“.

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Die Hinterlassenschaften der langen Filmgeschichte werden auf dem Studiogelände in einfachen Hallen aus der DDR-Zeit gepflegt. „Und jedes Objekt erzählt eine Geschichte“, sagt der Studio-Sprecher Eike Wolf. Auf einem riesigen Dachboden lagern Stühle und Sessel aus vielen Epochen; in Regalreihen sind Akten der Reichskanzlei, der Besatzungszeit und der DDR-Behörden sortiert.

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Hinter Armbrüster steht ein Plattenspieler der US-Army, der den Schauspieler Bill Murray im Film „Monuments Men“ in rührselige Weihnachtsstimmung bringt. Und in den Regalen um seinen Schreibtisch herum warten Radios, Schallplatten und Bücher aus vielen Jahrzehnten auf Interessenten aus ganz Europa.

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In dem Fundus werden etwa Filmausstatter auch auf der Suche nach der originalen Einrichtung einer Ost-Berliner Zweiraum-Wohnung der 1970er Jahre fündig: Von der Obstschale im Wohnzimmer bis zum Wäschetrockner im Bad ist alles da. Eine Wand in einem Nebenraum bietet eine Auswahl von Hirschgeweihen in allen Größen, an den Decken hängen Lampen aus vielen Epochen.

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Ein heimlicher Star der Sammlung ist ein ausgestopfter Dachs, mit Hellebarde und Lampe als Nachtwächter kostümiert. „Zuerst habe ich über den Dachs gelacht, aber dann ist er mir in einem alten „Tatort“ als Deko bei einer Szene in einer Dorfkneipe aufgefallen“, erzählt Wolf. Anschließend habe er ihn noch einige Male in Fernseh- oder Kinofilmen gesehen. „Zuletzt, als ich mit meiner Tochter in „Bibi und Tina 2“ war“, erzählt Wolf. Er lache jetzt nicht mehr über den Dachs. „Man muss das alles mit den Augen eines Filmausstatters sehen.“

Doch nicht nur Profis, Manager von Messeständen und Eventpartys oder Fotografen decken sich in den Hallen des Babelsberger Requisitenfundus mit Leihgaben ein. So stattet ein prominenter Potsdamer seine Villa für barocke Partys mit entsprechenden Möbeln und seine Gäste mit den Roben aus dem Kostümfundus aus. In einer Ecke wartet eine überlebensgroße Oscar-Statue auf den Empfang der US-Botschaft zur Berlinale.

Besonders stark vertreten sei die Requisite für die Jahrzehnte der 1920er bis 1940er Jahre und dann wieder für die 1960er bis 1980er Jahre der DDR-Zeit, berichtet Wolf. Zu Karneval und Halloween ist speziell der Kostümfundus gefragt, der mit seinen mehr als eine halbe Million Kostümen, Uniformen und Accessoires mittlerweile dem benachbarten Filmpark gehört. „Dort können sich die Leute Kleidung aus allen Epochen leihen“, sagt Wolf. „Vom Fellkleid der Steinzeitmenschen bis zum modernen Straßenanzug.“

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