Thriller: Gone Baby gone - In den Straßen der eigenen Kindheit

Ben Affleck gibt mit „Gone Baby gone“ sein Regiedebüt.

Düsseldorf. Patrick Kenzie (Casey Affleck) kennt sich aus in Dorchester, einem heruntergekommenen Vorort von Boston. Drogendealer, Zuhälter, Kleinkriminelle - sie alle waren mal jung, wuchsen in diesem Viertel auf und gingen damals mit Patrick zur Schule oder zogen mit ihm um die Häuser. Bis der Junge mit den weichen Gesichtszügen sich für die andere, die aufrechte Seite des Gesetzes entschied. Zwar wäre ihm der Staatsdienst als Polizist wie Verrat an seinen Wurzeln vorgekommen, aber als Privatdetektiv nutzt er seine Kontakte, um die Welt, in der er groß wurde, ein bisschen besser zu machen. Unterstützt wird er bei seinen Recherchen von seiner Freundin Angela (Michelle Monaghan). Deren Nenntante Bea bittet das Ermittler-Duo um einen Gefallen. Ihre Nichte Amanda sei seit drei Tagen verschwunden, offenbar entführt, eine Lösegeldforderung gab es bislang allerdings nicht. Patrick und Angela kommen dahinter, dass Amandas sozial verwahrloste Mutter Helene für Drogen-Baron Cheese Kurierdienste geleistet hat. Je tiefer sie in das dreckige Milieu eindringen, umso mehr ziehen sie den Unmut ihrer Nachbarn auf sich. Und nicht nur den. Auch für den ermittelnden Beamten Bressant (Ed Harris) und dessen Vorgesetzten Doyle (Morgan Freeman) sind die Privatschnüffler ein Dorn im Auge. Was wie ein konventioneller Cop-Thriller mit Film-Noir-Anleihen klingt, entpuppt sich unter der Leitung von Regie-Novize Ben Affleck als intelligent konstruierte Abwägung in der ewig schwelenden Diskussion, was für das Wohl von Kindern notwendig ist und inwieweit man sich in die Belange der Eltern einmischen darf. Finanzielle Absicherung, ein liebevolles Umfeld, Schulbildung, Rollenvorbilder - all das, was man für selbstverständlich halten mag, gibt es in Dorchester nicht. Groß werden die Kinder dort trotzdem. Und nicht alle entscheiden sich automatisch für den falschen Weg. Das große Plus in Afflecks Inszenierung ist, dass er die gesellschaftliche Zerrüttung des Arbeiterviertels weitgehend ohne überzeichnete Klischees meistert. Das macht die Sozialstudie noch beklemmender. Und lässt über die konstruierte Pointe, die sich der Plot leistet, hinweg sehen.
(WZ-Wertung: 4 von 5 Sternen) Daten und Fakten

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