"Tatort"-Kritik "Tatort: Dein Name sei Harbinger": Ein vorhersehbarer, aber kurzweiliger Krimi

Der Berliner Tatort "Dein Name sei Harbinger" ist berechenbar und überraschungsarm, trotzdem hat der Krimi seine spannenden Momente.

"Tatort"-Kritik: "Tatort: Dein Name sei Harbinger": Ein vorhersehbarer, aber kurzweiliger Krimi
Foto: Gordon Muehle/rbb/ARD/dpa

Es klingt paradox, aber die lahmende Geschichte des Berliner Tatorts "Dein Name sei Harbinger" ist spannend erzählt. Angepeitscht durch die perkussiven Rhythmen eines Straßenmusikers wird der Zuschauer durch den Tagesablauf von Lothar getrieben. Lothar ist ein psychotischer Schlüsseldienst-Hipster, der in seiner Freizeit als Stalker durch Berlin zieht und Tonbänder mit Aufzeichnungen seiner Beobachtungen an den mysteriösen „Legaten“ in einem Stromkasten hinterlegt. Das wandelnde Klischee eines Außenseiters.So weit, so schräg.

Richtig obskur ist die unaufgeklärte Mordserie, mit der Nina Rubin (Meret Becker) und Robert Karow (Mark Waschke) konfrontiert werden: es gibt vier ungeklärte Fälle, bei denen es einen ähnlichen Tathergang gab. Alle Opfer wurden mithilfe einer In-Vitro-Fertilisation in einer Kinderwunsch-Klinik gezeugt. Geschäftsführerin Dr. Irene Wohlleben (Almut Zilcher) und ihre Laborchefin und Lebenspartnerin Hanneke Tietzsche (Eleonore Weisgerber) haben die Leitung der Klinik vor Kurzem an ihren Sohn Dr. Stefan Wohlleben (Trystan Pütter) übergeben. Er kam in den 80er-Jahren als eines der ersten Retortenbabys Deutschlands zur Welt.

Aber die „Ikonen der Lesbenbewegung“ haben Gott in ihrer Kinderwunschklinik Gott gespielt, als das aufzufliegen droht, will der Sohn Dr. Stefan Wohlleben (Trystan Pütter) — das Retortenbaby Nr. 1 - seine Halbgeschwister in „unnatürlicher Auslese“ ausschalten. Oder so ähnlich… Dafür braucht Dr. Wohlleben aber Hilfe und die bekommt er, indem er dem psychotischen Lothar Aufträge erteilt.

"Tatort"-Kritik: "Tatort: Dein Name sei Harbinger": Ein vorhersehbarer, aber kurzweiliger Krimi
Foto: Gordon Muehle/rbb/ARD/dpa

Der Kommissar observiert den Stalker inkognito — analoge Observation. Aber der psychotische Lothar ist gewappnet und entführt kurzerhand den Mann des Gesetzes. Hier kommt dann auch so etwas wie Spannung auf, denn immerhin hat es Kommissar Karow (Mark Waschke) hier mit einem Mann zu tun, der sein halbes Leben in einer Nervenheilanstalt verbracht hat und scheinbar zu allem fähig ist. Wirklich überraschend ist es zwar nicht, dass am Ende der Kommissar überlebt und der Psychopath ruhiggestellt wird, aber immerhin: der Zuschauer kennt das Ziel, aber nicht den Weg.

In der Nebenhandlung erfahren wir noch, dass Kommissarin Nina Rubin (Meret Becker) Probleme mit ihrem drogenaffinen Teenager-Sohn hat. Ein Schicksal, das sie mit dem ein-oder-anderen Tatort-Ermittler teilt. Kollege Robert Karow (Mark Waschke) hingegen steuert, ohne Privatleben und Empathie, nur einem Ziel entgegen: Der Lösung des Falls. Noch so ein Klischee.

Der Tatort „Dein Name sei Harbinger“ ist ein Krimi wie ein AC/DC-Song: schräg, laut, wild, aufputschend, direkt, nach vorne, aber eben auch schon 1000 Mal gehört, vorhersehbar, bieder und bisweilen langweilig. Wenn man sich auf das Spiel einlässt, kann es funktionieren, aber seien wir ehrlich: Wer braucht noch einen weiteren AC/DC-Song?

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