Serben laufen Sturm gegen Jolies Regiedebüt

Belgrad (dpa) - „Angie, zieh Leine!“, prangt am Donnerstag auf dem Titelblatt des serbischen Boulevardblatts „Kurier“. Mit ihrem Regiedebüt „In the Land of Blood and Honey“ hat US-Schauspielerin Angelina Jolie in Serbien einen Sturm der Entrüstung ausgelöst.

Der Film über den Bosnienkrieg enthalte „zu viele Lügen über die Serben“, titelt auch die angesehene Belgrader Zeitung „Politika“. Der Vorwurf: In dem Drama über den Bürgerkrieg in Bosnien-Herzegowina werde ein Schwarz-weiß-Bild gezeichnet. Die Muslime seien ausschließlich die Opfer, die Serben mal wieder die alleinigen Unholde und Missetäter.

„Noch so ein amerikanischer Mist“, heißt es in Kommentaren aufgebrachter Leser. Dieser „Propagandafilm“ gehöre boykottiert, wenn nicht gar verboten. „Die hat uns auch noch gefehlt“, heißt es weiter und: Jolie solle sich lieber um die Gräueltaten ihrer Landsleute in Afghanistan und im Irak kümmern. „Wir Serben sind mal wieder die Verbrecher und Vergewaltiger“, sagt ein hoher Politiker in der serbischen Landeshälfte Bosniens. „In Jolies Regiewerk werden die Tatsachen und der Charakter des Krieges verfälscht“.

Der im Dezember in den USA erstmals aufgeführte Film erzählt eine aufwühlende Liebesgeschichte zwischen der jungen Muslimin Ajla, die von ihrem serbischen Geliebten Danijel zwar vor der Vergewaltigung durch dessen Mordkumpane gerettet wird, ihm aber dafür zu Diensten sein muss. Am Ende des ungefiltert und mit direkter Wucht dargestellten Krieges erschießt Danijel Ajla und bekennt sich selbst als Kriegsverbrecher.

In den USA bekam der Streifen, dessen Drehbuch ebenfalls von Jolie stammt und dessen Schauspieler allesamt international Unbekannte sind, gemischte Kritiken. Vom Verband der Filmproduzenten in Los Angeles erhält Jolie in diesem Januar die Stanley-Kramer-Auszeichnung, weil sie kontroverse soziale Themen auf anschauliche Weise darstelle. Demgegenüber ging das Erstwerk des Hollywoodstars bei den Golden Globes leer aus.

„Klar ist Jolie uninformiert und wird instrumentalisiert“, schimpfte der Präsident der bosnischen Serben, Milorad Dodik: „Die kann noch so bekannt sein in der Welt, uns interessiert das nicht! Wir sind schon mit Mächtigeren fertig geworden!“. „Die beschäftigt sich doch nur mit Propaganda“, wird der serbisch-bosnische Starregisseur Emir Kusturica von den Medien zitiert. „Es wurde ein Film in Hollywood-Manier, in dem die Serben fast ausnahmslos in schlechtestem Licht erscheinen“, kritisierte die Zeitung „Politika“.

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