Schmerzhafte Bilder in bedrückender Stille

„Ein Geheimnis“ erzählt, wie eine jüdische Familie auseinandergerissen wird.

François hat schon bei der Geburt verloren: 2,2 Kilogramm bringt der Junge auf die Waage, gut anderthalb Kilo weniger als Simon. Der ältere Bruder, von dessen Existenz François bis zu seinem 15. Geburtstag nichts weiß, den er sich jedoch die ganze Zeit herbeiwünscht, weil das zerbrechliche Kind spürt, dass es die Idealvorstellungen seiner sportlichen Eltern nicht erfüllen kann. Und weil eine unausgesprochene Last auf der Familie liegt.

Mit "Ein Geheimnis" ist dem französischen Regisseur Claude Miller eine meisterhafte Adaption des gleichnamigen und autobiografischen Romans von Philippe Grimbert gelungen. Mit schmerzhaften Bildern und in oft bedrückender Stille erzählt Miller die Geschichte einer jüdischen Familie, die von den Nazis verfolgt und auseinandergerissen wird und nach dem Zweiten Weltkrieg weiterexistiert, mit einer anderen Frau und einem neuen Kind - François.

Im Film übernimmt François die Rolle des Erzählers. Er beklagt seine Ohnmacht vor dem Verhalten der Eltern Maxime (Patrick Bruel) und Tania (Cécile de France), die selbst dann noch schweigen, als er schon ein erwachsener Mann (Mathieu Amalric) ist.

Was geschah, als er noch nicht lebte, erfährt François von Louise (Julie Depardieu), einer Freundin der Familie: Maxime feiert mit Hannah (Ludivine Sagnier) eine große jüdische Hochzeit.

Bald kommt Simon zur Welt, ein Prachtkerl, der seinem Vater, einem ehemaligen Spitzenathleten, nacheifert. Als die Nazis auch in Frankreich mit der Judenverfolgung beginnen, beschließt die Familie zu fliehen. Während Maxime entkommt, liefert Hannah sich und Simon den Nazis aus.

Die Dialoge für den Film mussten erst geschrieben werden, denn in Grimberts Buch gibt es keine. Eine Sprachlosigkeit, die Miller in den entscheidenden Szenen übernommen hat. Zudem beherrscht der Regisseur die Kunst, zwischen drei Zeitebenen mühelos hin und her zu springen.

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