Regisseur Kurt Maetzig wird 101

Berlin (dpa) - Mit 101 Jahren wird er der älteste Regisseur sein, der einen Film auf der diesjährigen Berlinale zeigt.

Auch wenn Kurt Maetzig aus gesundheitlichen Gründen - das Laufen fällt ihm schwer - nicht nach Berlin reist: In der Sonderreihe „Happy Birthday, Studio Babelsberg“ zum 100-jährigen Bestehen des Filmstudios ist Maetzigs Werk „Das Kaninchen bin ich“ (1965) zu sehen - jener unbequeme Film, für den der bis dahin als DDR-Vorzeigeregisseur geltende Filmemacher damals von der SED abgestraft wurde. Am Mittwoch (25. Januar) feiert Maetzig seinen 101. Geburtstag.

„Mir geht es richtig gut“, sagte der DEFA-Mitbegründer der Nachrichtenagentur dpa wenige Tage vor seinem Geburtstag. Anders als zum runden Geburtstag im vergangenen Jahr werde es dieses Mal aber keine große Feier geben. Und auch wenn er nicht zu den Berliner Filmfestspielen kommt - was die Generation heutiger Filmemacher auf die Leinwand bringt, darüber ist Maetzig sehr gut informiert. „Ich bekomme jedes Jahr von der Deutschen Filmakademie eine Kiste mit 60 Filmen, die ich mir ansehe“, erklärte das Akademie-Ehrenmitglied. Wie er die aktuelle deutsche Filmproduktion beurteilt, mag der Regisseur aber nicht sagen. „Dazu äußere ich mich nicht“, sagte Maetzig. Er sei ein Mann des DEFA-Films.

Maetzig schrieb DDR-Filmgeschichte im Guten wie im Schlechten. Er drehte die monumentalen Thälmann-Propagandafilme. Zu seinen Werken zählen aber auch das von der SED verbotene Drama „Das Kaninchen bin ich“ und der bis heute bewegende, wohl zu den besten DEFA-Produktionen zählende Film „Ehe im Schatten“. Er habe sich mit seinem Schaffen immer der Wahrheit nähern wollen, so Maetzig.

Sein erster Spielfilm „Ehe im Schatten“ (1947) erzählt die dramatische und wahre Geschichte des Schauspielers Joachim Gottschalk und dessen jüdischer Ehefrau während der Nazi-Zeit. Die Tragödie war für Maetzig auch ein Stück Aufarbeitung eigener Geschichte. Die Nazis erteilten dem jungen Berliner Regie-Assistenten wegen seiner jüdischen Mutter Berufsverbot. Seine Deportation als „Halbjude“ verhinderten einflussreiche Freunde. Maetzigs Mutter beging aus Angst vor der Gestapo Selbstmord. „Fast alles, was ich im Film "Ehe im Schatten" erzähle, erlebte ich im Umkreis meiner Familie und meiner Freunde“, sagte Maetzig einmal. „Ich wollte den Opfern jener Epoche ein Denkmal setzen.“

Maetzig trat 1944 in die illegale Kommunistische Partei ein. Nach Kriegsende zog er in den sowjetischen Sektor Berlins um und war dort einer der Gründer der Filmgesellschaft DEFA. Maetzig galt als Paraderegisseur der DDR, bis auch er von der SED abgestraft wurde. „Das Kaninchen bin ich“ wurde 1965 auf dem berüchtigten 11. ZK-Plenum zusammen mit fast einem ganzen Jahrgang von DEFA-Filmen verboten. Maetzig und andere Regisseure wie Frank Beyer wurden als „konterrevolutionär“ und „staatsfeindlich“ beschimpft.

„Das Kaninchen bin ich“ erzählt von Maria, die nicht studieren darf, weil ihr Bruder Dieter wegen „staatsgefährdender Hetze“ zu drei Jahren Gefängnis verurteilt wurde. Zufällig lernt Maria den Richter Paul Deister (Alfred Müller) kennen, der Dieter aus Profilierungssucht zu der harten Strafe verurteilt hat. Nach dem Filmverbot übte Maetzig heftige „Selbstkritik“, die er später bedauerte. „Das Kaninchen bin ich“ kam erst 25 Jahre später in die Kinos.

Nach der Wende stellte sich Maetzig den Debatten zur DDR- Filmkunst. Ihm gehe es nicht darum, „Vergangenheit nachträglich zu retuschieren“, wie er damals sagte. „Die Dinge sind, wie sie gewesen sind. Dazu stehe ich.“ Zehn Jahre leitete Maetzig die Babelsberger Filmhochschule. Maetzig, viermal verheiratet und Vater dreier Kinder, lebt mit seiner Frau in Wildkuhl in Mecklenburg-Vorpommern. Seinen Geburtstag feiert er im Familienkreis.

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