Premiere: Disney entdeckt die Tweens

Morgen kommt High School Musical III in die Kinos. Die ersten beiden Teile liefen nur im Fernsehen.

Düsseldorf. Vielleicht muss das so sein: Jede Generation hat ihren eigenen kino-musikalischen Hype. In den siebziger Jahren stürmten lärmende Zahnspangen-Trägerinnen das Film-Musical "Grease", in den achtziger Jahren übertrafen sie sich darin, zum wievielten Mal sie "Dirty Dancing" gesehen hatten und erkannten sich an der Wendung "Ich habe eine Melone getragen". In den neunziger Jahren war es der zum Gesang von Celine Dion im Eismeer versinkende Leonardo DiCaprio in "Titanic", der die Tränen süchtigmachend kullern ließ.

Und morgen kommt erstmals High School Musical III in die Kinos. Die Teile I und II gab es lediglich im Fernsehen zu sehen - und sie lösten dennoch einen Hype aus, der selbst die oben genannten Phänomene weitgehend in den Schatten stellt. Kennen Sie trotzdem nicht? Dann haben Sie vermutlich keine Kinder im Alter zwischen acht und 14 Jahren. Denn gerade diese Jüngstkonsumenten lieben die Filmchen.

"High School Musical" - so lautet nicht nur der Titel - es fasst auch die Handlung weitgehend zusammen. Dennoch brach das Stück alle Einschaltquotenrekorde im amerikanischen Kabelfernsehen. Das Soundtrack-Album erreichte 2006 Platz eins der US-Charts.

Es ist das mit 3,7 Millionen verkauften Exemplaren meistverkaufte Album 2006 innerhalb der Vereinigten Staaten. Außerdem erreichten gleich neun der zehn Lieder aus dem Film gleichzeitig die Single-Charts. Teil zwei des Musicals ein Jahr später, immer noch eine Fernsehproduktion, übertraf den Erfolg sogar noch.

Das Filmbusiness hat die Tweens entdeckt. Das sind die Kinder, die noch keine Teenager sind - also zu jung, um sich für Jugendfilme zu begeistern. Aber auch zu alt für Kinderfilme in der Liga von "Findet Nemo". Sie sind "in between" - eben Tweens.

Ein praktischer und gewinnbringender Nebeneffekt bei Jüngstkonsumenten als Zielgruppe: In der Regel sind sie noch nicht in der Lage, oder haben nicht die technischen Möglichkeiten, Songs illegal zu kopieren. Sie wünschen sich die Filme, die Filmmusik und das Komplettprogramm begleitender Marketing-Artikel zu Weihnachten oder zum Geburtstag. Und werden offenbar auch reich beschenkt.

In den vergangenen zwei Jahren hat sich das Genre Musik-Fernsehfilm zu einem der stärksten Geschäftsbereiche des Disney-Geschäfts entwickelt. Im März 2006 startete "Hannah Montana", ein Streifen über ein durchschnittliches Schulmädchen, das in einer Art Doppelleben zum Popstar wird. Es folgten zwei Folgen von "High School Musical", drei weitere sind in Vorbereitung. Auf diese Weise steigerte der Konzernbereich Media Networks, zu dem Disney Channels gehört, 2007 den operativen Gewinn um gut 23 Prozent auf 4,29 Millarden Dollar.

Trotzdem hat auch Disney nicht das allein seligmachende Geheimnis des Reichtums entdeckt. Denn mit Kinderstars ist es wie mit Pitbull-Welpen: Niedlich sind sie nur zu Beginn. Die Stars werden erwachsen und machen Sachen, die Erwachsene machen. Und da versteht das Unternehmen Disney keinen Spaß. Das bekam zuletzt auch die 19-jährige Hauptdarstellerin Vanessa Hudgens zu spüren, als plötzlich Meldungen kursierten, dass im Internet Nacktfotos von ihr getauscht wurden, die sie für ihren Freund aufgenommen hatte. Das ist ausgerechnet ihr Kollege Zachary Efron, der in dem High School Musical die zweite Hauptrolle spielt - als ihr Verehrer. Im Internet heißt es jetzt als Reaktion auf die Nacktbilder, Hudgens habe "aus ihren Fehlern gelernt".

Also. Ein neuer Hype, ein altes Rezept. Angst um unsere Jugend? Die muss morgen, wenn "High School Musical III: Senior Year", startet, niemand haben. Eher um das eigene Portemonnaie.

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