Melodram: Liebe zu Zeiten des Krieges

In „Australia“ mit Nicole Kidman und Hugh Jackman schwelgt Regisseur Baz Luhrmann in Kitsch und Kinomythen.

Düsseldorf. Der australische Regisseur Baz Luhrmann ist kein Mann der kleinen Gesten, sondern ein bekennender Maximalist. Er liebt das ganz große Kino mit klaren Gefühlen und opulenter Optik. In seiner postmodernen Version von "Romeo und Julia" ließ er die Leinwand lodern.

In "Moulin Rouge" inszenierte er eine gigantische Ausstattungsorgie. Mit "Australia" entwirft er nun ein episches Kinomelodram über sein Heimatland - eine Art "Vom Winde verweht" aus Down Under. "Australia" ist eine wilde Mischung aus Western, Romanze und Kriegsdrama, gewürzt mit einer Prise Ethno-Mystik.

Die Handlung setzt zu Beginn des Zweiten Weltkrieges ein, als die britische Aristokratin Sarah Ashley (Nicole Kidman) sich nach Australien aufmacht, um ihren Mann zur Räson zu bringen, der sich auf dem fünften Kontinent als Viehzüchter versucht.

Als sie auf der Farm ankommt, ist der Gatte tot und der Betrieb kurz vorm Bankrott. Der örtliche Viehbaron wartet nur darauf, das Konkurrenzunternehmen aufzukaufen. Aber Sarah gibt nicht auf, sondern heuert den sehr freiberuflichen und fürchterlich gut aussehenden, wenn auch etwas raubeinig auftretenden Viehtreiber Drover (Hugh Jackman) an, um 1500 Rinder durch die Wüste zur Hafenstadt Darwin im Norden Australiens zu treiben.

Mit auf dem Treck sind einige Aborigines und der Waisenjunge Nullah (Brandon Walters), der als "Mischling" von den Behörden verfolgt wird und in ein kirchliches Umerziehungsheim gesteckt werden soll. Für Nullah wird die weiße Frau schnell zur Ersatzmutter. Seine magischen Fähigkeiten retten den Viehtransport vor den Unbilden der Natur und den kriminellen Angriffen der Konkurrenz.

Als der Treck in Darwin ankommt, könnte man eigentlich das Saallicht einschalten und noch eine Runde Popcorn an das Publikum verkaufen. Denn hier beginnt der zweite Teil des 166-minütigen Opus Maximus, in dem Sarah, Drover und Nullah in die Wirren des Zweiten Weltkrieges geraten, der in Form eines japanischen Fliegerangriffs 1942 über Australien hereinbricht.

Auch in "Australia" geht Luhrmann wieder in die Vollen. Allerdings verzichtet er hier auf popkulturelle Modernisierungen, sondern zitiert sich munter durch die großen klassischen Kinomythen von "African Queen" über "Red River" bis zu "Vom Winde verweht" und verbindet sie sowohl mit einer kritischen Geschichtsstunde als auch einer Liebeserklärung an sein Heimatland Australien, in dessen rauen Landschaften die Kamera bis tief in den Postkartenkitsch hinein schwelgt. Aber davor hatte Luhrmann noch nie Berührungsängste. Seine Kunst liegt in der Überdosierung, die den Kitsch in Kult verwandelt.

Das gelingt Luhrmann allerdings hier nicht ganz so gut wie in seinen Vorgängerwerken, weil er weniger frei mit den Klischees jongliert. Aber auch wenn sich die Geschichte manchmal etwas schleppend durch die Heimat-historie bewegt, der überbordende cineastische Gestaltungswille hebt auch diesen Luhrmann-Film hoch über den Kinomainstream hinaus.

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