Komödie: "Hangover" - Die Nacht vor der Hochzeit

In „Hangover“ suchen die Teilnehmer eines Junggesellenabschieds nach dem Bräutigam. Das ist mal derb, mal menschelnd, aber fast durchgehend extrem lustig.

Düsseldorf. Es gibt sie immer wieder, diese typischen Männer-Komödien, die scheinbar dumpf und zotig daherpoltern, tatsächlich aber unter ihrer widerborstigen Schale eine menschelnde, fast rührselige Note verbergen.

Diese Mischung aus breitbeiniger Coolness-Pose und maskuliner Verletzlichkeit lässt tief in die Seele der Protagonisten blicken, die ständig zwischen den Sehnsüchten nach hemmungsloser Hormonfreisetzung und familiärer Geborgenheit zerrieben werden.

Inbegriff dieses Spannungsfeldes ist der Junggesellenabschied, die letzte offizielle Möglichkeit, dem archaischen Männlichkeitsdrang zu frönen, bevor im Zuge der Domestizierung sämtliche Urtriebe im Keim erstickt werden. In seiner kommerzialisierten Form, sprich dem systematischen Massenbesäufnis, hat dieser Männerabend mit aktionistischer Endzeitstimmung seinen Weg aus den USA nach Europa gefunden.

Deswegen hat "Hangover", eine reichlich derbe, aber durchaus authentische Komödie, die sich mit den Nachwehen einer solchen Nacht beschäftigt, gute Chancen, auch bei uns zum Überraschungshit der Saison zu werden. In den Staaten spielte die Farce auf jeden Fall bereits das siebenfache ihrer Produktionskosten ein.

Doug (Justin Bartha) will heiraten. Gemeinsam mit seinen ehemaligen Studienkollegen Phil (Bradley Cooper) und Stu (Ed Helms) sowie Allen (Zach Galifianakis), dem geistig retardierten Bruder der Braut, macht er sich auf nach Las Vegas. Auf dem Dach des Caesar’s Palace prosten sich die Vier mit Jägermeister zu, dass das, was vor ihnen liegt, eine denkwürdige Nacht werden möge. Doch der Zuschauer wird erstmal nichts davon zu Gesicht bekommen. Die nächste Szene spielt bereits am nächsten Morgen, wenn die Herren alkoholtaumelnd aus ihrem Delirium erwachen und entgeistert feststellen, dass ihnen in den letzten zwölf Stunden etwas Entscheidendes abhanden gekommen ist: der Bräutigam!

"Hangover" ist eine erfrischend uneitle Komödie über die Tragik, ein echter Mann sein zu wollen, ohne es zu können. Der betont lockere Phil war früher ein sorgloser Frauenheld. Mittlerweile ist er Highschool-Lehrer, verheiratet, hat ein Kind und rechtfertigt seine Tagträume, noch immer ein rattenscharfer Rebell zu sein, indem er seine Schüler abzockt, um den Junggesellenabschied zu finanzieren.

Stu ist das exakte Gegenteil, ein verklemmter Duckmäuser, der sich mangels Gelegenheiten in eine Beziehung mit einer launischen Haushaltsdomina geflüchtet hat. Einzig Allen entspricht keinem Rollenbild. Er ist einfach nur grenzdebil.

Gemeinsam macht sich dieses Versehrten-Trio daran, die vorangegangene Nacht zu rekonstruieren, um den verschütt gegangenen Kumpel wiederzufinden. Dass sie alle drei unter einem saftigen Blackout leiden, macht die Sache nicht einfacher. Schon gar nicht, als sich ihnen heiratswillige Prostituierte, rachsüchtige Profiboxer und sadistische Möchtegern-Triaden in den Weg stellen.

Regisseur Todd Philipps erzählt diese puzzleartige Katharsis im Rückwärtsgang mit der gebotenen Trockenheit. Am Ende der Odyssee steht eine Erkenntnis, simpel wie erhellend: Nicht für den Spaß, für das Leben feiern wir. Prost!

Wertung: Vier von fünf Punkten

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