Komödie: Halbgares aus der Plattenküche

„Radio Rock Revolution“ feiert die DJs der 60er als Superstars.

Es gab Zeiten, da waren Discjockeys fast genauso große Stars wie die Musiker, deren Songs sie spielten. Sie genossen Kultstatus, untergruben Konventionen und halfen der Jugend, gegen ihr Elternhaus zu rebellieren. In "Radio Rock Revolution" setzt der britische Drehbuchautor und Regisseur Richard Curtis ("Vier Hochzeiten und ein Todesfall", "Tatsächlich... Liebe") diesen gesichtslosen Ikonen ein Denkmal.

Oder zumindest will er das. Denn die Handlung seines episodenhaft erzählten Starauftriebs ist frei erfunden und wirkt deswegen wie eine krampfhaft nachkolorierte Collage einer Zeit, die ohnehin sehr farbenfroh im kollektiven Gedächtnis prangt. Durch diese fahrlässige Übertreibung nimmt Curtis sich in vielen Szenen jenen Zauber, den Kino durch Authentizität und Nostalgie eigentlich zu entfachen in der Lage ist.

Erzählt wird die Geschichte eines Piratensenders im Jahre 1966, der von einem Boot vor der britischen Küste aus sendet. Seine Moderatoren sind absolute Stars, vor allem der in Großbritannien gestrandete Ami "The Count" (Philip Seymour Hoffman) und der exzentrische Großkotz Gavin (Rhys Ifans), der sich dank kontinuierlichem Drogeneinfluss für unsterblich hält.

Ihre Konkurrenzsituation, die sich zu einem blutigen Hahnenkampf entwickelt, ist nur einer der zahlreichen Plots, die leicht unmotiviert nebeneinander herlaufen, und das, obwohl sich das Geschehen auf kleinstem Raum abspielt.

Da gibt es noch den verträumten Morgen-Moderator Simon (Chris O’Dowd), der sich für die Richtige aufsparen will, während um ihn herum die freie Liebe tobt, und den 17-jährigen Carl (Tom Sturridge), den Patensohn von Senderboss Quentin (Bill Nighy), den seine Mutter (Emma Thompson) aufs Boot geschickt hat, damit er was fürs Leben lernt.

Was er dort, im Ärmelkanal, vorfindet, ist eine verschworene Männerrunde, geeint durch rituell gepflegte Machismen und einen unfreiwilligen Triebstau, der sich schleusenartig entlädt, wenn kreischende Groupies das Schiff entern. Staatsminister Dormandy (Kenneth Branagh) will diesem unmoralischen Treiben ein Ende bereiten und den Piratensendern den Saft abdrehen.

Diese Hatz auf vermeintlich subversive Kräfte bildet die Rahmenhandlung, in der Curtis viele freundliche Szenen, aber letztlich kein stimmiges Gesamtbild gelingen. Als musikalische Unterlegung findet er nur jene überstrapazierten Gassenhauer, die schon in etlichen anderen Filmen als gefühlige Zeitreise-Untermalung dienen mussten. Das hat bestenfalls Formatradio-Niveau.

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