Filmfestspiele: Wunder und Wüstenblumen am Lido

Sieben Filme, die von der Filmstiftung NRW gefördert wurden, laufen in Venedig.

Venedig. Nur selten blüht es in der Wüste. Aber wenn, dann entfaltet die Wüstenblume eine leuchtende Farbe - und bleibt doch ein Fremdkörper in der staubig-trockenen Umgebung. Genauso fremd wirkt auch die junge Waris, als sie vor der Zwangsheirat in Somalia nach London flüchtet. Dort wird die zarte Schönheit entdeckt und in kurzer Zeit zum internationalen Topmodel. Wie das Märchen vom Aschenputtel hört sich diese wahre Geschichte von Waris Dirie an, die sie in ihrem autobiografischen Buch "Wüstenblume" erzählt.

International bekannt wurde Dirie auch durch ihr Engagement als UN-Sonderbotschafterin für das Verbot der weiblichen Beschneidung. Die Verfilmung durch die deutsche Regisseurin Sherry Hormann feierte nun ihre Weltpremiere beim Filmfestival von Venedig. Alle Vorstellungen wurden wegen Überfüllung geschlossen. Bei uns startet der Film am 24.September in den Kinos.

"Wüstenblume" entstand mit Geldern der Filmstiftung NRW, die in diesem Jahr sieben geförderte Produktionen in Venedig am Start hat. Die Bestseller-Verfilmung, die in manchen Momenten in ihrer etwas glatten Erzählart an Model-Castingshows erinnert, kann durch ihre Darsteller punkten.

Liya Kebede verkörpert die schöne Waris mit verschmitztem Charme. Soraya Omar-Scego spielt die junge Waris, deren harte Kindheit als Tochter somalischer Ziegenhirten in Rückblenden aufgerollt wird. Das Thema Beschneidung spielt in "Wüstenblume" eine untergeordnete Rolle, trotzdem versteht es der Film, in kurzen drastischen Szenen die Relevanz zu betonen.

Auch wie ein Märchen hört sich die Geschichte von Jessica Hausner an, die sie in ihrem Wettbewerbsbeitrag "Lourdes" erzählt. Denn dort, in der berühmten französischen Pilgerstätte, geschieht ein Wunder: Eine junge gelähmte Frau (Sylvie Testud) kann wieder gehen.

Äußerst subtil nähert sich die österreichische Regisseurin ihrem Thema, zeigt analytisch und mit dokumentarisch anmutenden Bildern die manchmal etwas befremdlich wirkenden Rituale des Wallfahrtsortes, in dem so viele Hoffnungen auf Heilung am glatten Fels der Grotte abprallen. Die wundersame Heilung der Frau bedeutet für die Auserwählte nicht nur das seligmachende Glück.

Sofort werden Neider und Zweifler auf den Plan gerufen, und sie wird zur skeptisch beobachteten Außenseiterin ihrer Reisegruppe. Hausner ("Lovely Rita", "Hotel") gelingt der Spagat, mit feiner Ironie ihre Skepsis gegenüber solchen Wundern auszudrücken, ohne die Pilgerstätte bloßzustellen oder gläubige Katholiken zu verletzen.

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