Drama: Ein Experiment läuft aus dem Ruder

Dennis Gansel verfilmt „Die Welle“.

<strong>Düsseldorf. Herr Wenger (Jürgen Vogel) ist ein Lehrer ganz nach dem Geschmack seiner Schüler. Vor allem, weil ihn niemand Herr Wenger nennt. Für sie ist er der Rainer, pflegt einen kumpelhaften Umgangston und sorgt während der Projektwoche über "Staatsformen" für volle Teilnehmerlisten, obwohl sein Thema "Autokratie" eher verspricht, dröge zu werden. Tatsächlich tauschen die Schüler die üblichen Argumente aus, benennen das Nazi-Regime als Paradebeispiel für Diktaturen und stellen die These auf, dass dergleichen im aufgeklärten Medienzeitalter nicht mehr passieren könnte - was Rainer aufhorchen lässt.

Er möchte seinen Schülern ihre Beeinflussbarkeit praktisch vor Augen führen, lässt sich nur noch mit Nachnamen ansprechen und führt eine Schuluniform ein. Alles ist freiwillig. Wer mit den neuen Regeln nicht zurechtkommt, kann gehen.

Innerhalb nur eines Tages beginnt das Experiment eine spürbare Eigendynamik zu entwickeln. Ehemalige Außenseiter schwingen sich zu Meinungsmachern auf, eingeschworene Cliquen zerstreiten sich, auch Rainer, der seine Unsicherheiten im Lehrerzimmer mit Baldrian bekämpft, wird mitgerissen von dem Phänomen, dem die Schüler den Namen "Die Welle" geben.

Regisseur Dennis Gansel orientierte sich weniger am unterrichtserprobten Jugendklassiker "Die Welle" von Morton Rhue als an den authentischen Fakten, die dem Buch zugrunde liegen: 1967 hatte Geschichtslehrer Ron Jones im kalifornischen Palo Alto exakt jenes Experiment angestoßen. Weil Schüler begannen, sich zu denunzieren und zu diskreditieren, musste er den Versuch nach nur fünf Tagen abbrechen.

(WZ-Wertung: 4 von 5 Sternen)

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