Die Zombies kommen

„World War Z“ stürmt die Kinocharts. Was fasziniert die Menschen an den Untoten?

Düsseldorf. Sie torkeln, sie ächzen, sie strecken ihre toten Gliedmaßen nach frischem Fleisch aus. Ein Biss und der Mensch ist infiziert. Der Zombiehype findet mit „World War Z“ von Brad Pitt seinen vorläufigen Höhepunkt. Am Startwochenende erobert Pitt mit seinen Endzeitfilm über den UN-Gesandten Gerry Lane, der eine Zombie-Pandemie zu bekämpfen versucht, gleich den ersten Platz der deutschen Kinocharts.

Zombies familientauglich gemacht hat aber vorher bereits die US-Serie „The Walking Dead“, die in Deutschland von RTL2 ausgestrahlt wird. In den USA läuft die dritte Staffel der Serie, die auf einer Graphic Novel (Comicroman) basiert. Die Handlung: Der Kampf einer bunt zusammengewürfelten Menschengruppe, die eine weltweite Zombie-Apokalypse überlebt haben.

Aber woher stammt die Faszination für Zombies — und warum ausgerechnet jetzt? Schuldenkrise, Inflation, Erderwärmung — die gesellschaftlichen Probleme von heute sind gesichtslos. „Der Zombie ist eine massenwirksame Metapher für die gegenwärtigen Krisen: Er steht für die Rückkehr des lange Verdrängten, für den Leerlauf des Kapitalismus, für das völlige Aufgehen des Individualismus in der hirntoten Masse“, sagt auch Marcus Stiglegger, Experte für Film- und Bildanalyse an der Universität Siegen.

„Verwesung und Verfall prägen die Zombiemetapher heute.“ Das sei ursprünglich anders gewesen, denn die Zombies seien im Voodoo-Kult willenlose Arbeitssklaven gewesen. Der Zombie an sich steht für körperlichen Verfall, Krankheit, Masse und Unterprivilegiertheit. Ganz anders als die zweite Kategorie Untoter: Vampire, mit denen Bilder von Sexualität, Verführung und Romantik verbunden sind, die Idee der ewigen Jugend. Stiglegger glaubt deshalb an eine friedliche Koexistenz von Zombie- und Vampirfilmen.

Bereits in den 30er Jahren gab es erste Zombiefilme, etwa „White Zombie“ (1932). Als Meilenstein des modernen Zombiefilms gilt aber George R. Romeros sechsteilige Filmtrilogie. „Mit Romeros ,Nacht der lebenden Toten’ kehrten 1968 simple tote Amerikaner aus ihren Gräbern zurück und fraßen die Lebenden“, sagt Stig-legger. Das spiele auf die sich selbst verzehrende Gesellschaft an. „Diese Modernisierung hat sich bis heute gehalten: Sie zeigt, wie wir uns selbst vernichten, unsere Persönlichkeit aufgeben und selbst zur potenziellen Bedrohung für Mitmenschen werden.“

Die Darstellung der Zombies hat sich kaum geändert: Töten kann der verfolgte Mensch sie nur durch Zerstören des Gehirns. Sportlicher sind sie aber geworden: Während die Zombiemassen zunächst langsam vor sich hinschlurfen, können sie etwa in dem Remake von Romeros „Dawn of the Dead“ (2004) schon erstaunlich schnell rennen.

Stiglegger glaubt, dass der Zombiehype noch nicht am Ende ist: „Das Konzept wird noch einige Zeit tragen, hat sich letztlich fest in der populären Kultur verankert.“ Er bezweifelt aber, dass weitere Schlüsselwerke wie etwa „28 Days later“ oder „Dawn of the Dead“ zu erwarten sind.

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