Offene Worte Aki Kaurismäki auf der Berlinale

Berlin (dpa) - Er war der Mann mit dem Hut und der Fettecke. Das Filmporträt „Beuys“ über den deutschen Aktionskünstler und Bildhauer Joseph Beuys (1921-1986) ging am Dienstag als zweiter deutscher Film ins Bären-Rennen.

Offene Worte: Aki Kaurismäki auf der Berlinale
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Regisseur Andres Veiel („Black Box BRD“) zeigte im Wettbewerb der 67. Berlinale eine Collage, die den stets provozierenden Künstler und Denker selbst zu Wort kommen lässt. Das Publikum nahm den einzigen Dokumentarfilm in der offiziellen Konkurrenz in einer ersten Pressevorstellung mit kurzem, freundlichem Beifall auf.

Offene Worte: Aki Kaurismäki auf der Berlinale
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Der finnische Kultregisseur Aki Kaurismäki („Der Mann ohne Vergangenheit“) schickte seinen Film „Die andere Seite der Hoffnung“ auf Bären-Jagd - eine ebenso lakonisch-komische wie zu Herzen gehende Story um einen syrischen Flüchtling und einen Restaurantbesitzer in Helsinki. „Wir müssen begreifen: Wir sind alle Menschen. Jetzt sind andere auf der Flucht, morgen können wir Flüchtlinge sein“, sagte Kaurismäki nach der mit viel Beifall bedachten Pressevorstellung.

Zu der von Populisten geschürten Angst vor einer angeblichen Islamisierung Europas sagte er: „Ich beobachte keine Tendenzen der Islamisierung in Europa. Kulturell hat sich nichts verändert. Dabei würden uns einige kulturelle Veränderungen wohl gut tun.“

Der Regisseur meinte: „Wo zum Teufel ist denn die Menschlichkeit geblieben? Wenn wir nicht menschlich sind, wozu sind wir dann überhaupt da?“ Und er ergänzte: „Ich respektiere Frau Merkel. Denn sie ist die einzige Politikerin, die zumindest an dem Problem interessiert scheint.“

Filmemacher Andres Veiel (57) will mit „Beuys“ beweisen, dass das Werk des Künstlers heute aktueller denn je ist. Dafür lässt er Beuys selbst argumentieren - Veiels Film besteht zu fast 95 Prozent aus teils bislang unerschlossenen Bild- und Tondokumenten. „Er hat schon vor 30 Jahren die richtigen Fragen gestellt, weil er in den politischen Raum hineingedacht hat“, sagt Veiel im Interview der Deutschen Presse-Agentur. „Beuys ist davon ausgegangen: Jeder Mensch ist ein Künstler. Das heißt nichts anderes, als dass jeder Mensch per se die Fähigkeit hat, die Gesellschaft zu gestalten“, so Veiel.

„Wir sind eben nicht nur Sandkörner, die von anderen Kräften hin und her geworfen werden, alle vier Jahre ein Kreuzchen machen und dann auf die Politiker schimpfen, die uns aus der Ferne regieren. Sondern wir sind selbst befähigt zu diagnostizieren, was ist und was sein soll“, erklärt der Filmemacher. „Das sind die richtigen Botschaften zur richtigen Zeit!“

Veiel wurde bei seiner Arbeit von Eva Beuys, der Witwe von Joseph Beuys, unterstützt. Eva Beuys und ihre Kinder Jessica und Wenzel wurden am Abend auch zur Galapremiere des Films erwartet.

Bereits für Deutschland startete im Bären-Wettbewerb Thomas Arslans Roadmovie „Helle Nächte“. Das in Norwegen gedrehte Vater-Sohn-Drama stieß bei den Zuschauern allerdings auf ein geteiltes Echo. Arslans karge, strenge und schnörkellose Erzählweise sprach nicht alle an. Arslan setzt ganz darauf, dass der Zuschauer in seinem Kopf imaginiert, was die knappen Dialoge und ruhigen Bildfolgen nicht zeigen: die inneren Konflikte der Protagonisten.

Am Mittwoch ist dann der dritte und letzte deutsche Wettbewerbsfilm zu sehen: Volker Schlöndorffs Liebesfilm „Rückkehr nach Montauk“. In der Hommage an Max Frischs Erzählung „Montauk“ spielen Nina Hoss und Stellan Skarsgard die Hauptrollen.

Zu den Publikumslieblingen des Festivals zählt bereits jetzt die hochkarätig besetzte Gesellschaftssatire „The Party“ der britischen Regisseurin Sally Potter. Mit Stars wie Bruno Ganz, Kristin Scott Thomas, Patricia Clarkson und Timothy Spall erzählt der in schwarz-weiß gedrehte Film von einer Party, die völlig aus dem Ruder läuft. Eigentlich soll die Ernennung von Janet (Scott Thomas) zur Ministerin gefeiert werden - da macht ihr Ehemann ein schockierendes Geständnis nach dem anderen. Eine starke Tragikomödie, deren Schauspieler alle zusammen einen Darsteller-Bären verdient hätten.

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