63. Berlinale startet mit Matt Damon und Ulrich Seidl

Berlin (dpa) - Ein politisches Thema mit ordentlich Glamour zu verpacken, ist häufig schwierig. Wie es dennoch geht, zeigte Matt Damon bei der Berlinale.

Mit dem 42-Jährigen kam am Freitag nicht nur die erste große Hollywoodprominenz zum Festival, Damon brachte am ersten Wettbewerbstag auch das Umweltdrama „Promised Land“ mit. Die Fans freuten sich und warteten trotz des ungemütlichen Schneefalls schon Stunden vor der Premiere am roten Teppich. Einziger Haken: Der Film ist in den USA bereits angelaufen und war damit keine Weltpremiere.

„Promised Land“ des US-Regisseurs Gus Van Sant erzählt vom Kampf einer amerikanischen Kleinstadt gegen einen Gaskonzern. Damon spielt den Konzernvertreter Steve Butler, der die Bewohner des Ortes überreden will, ihr Land für Bohrungen nach Gas zur Verfügung zu stellen. Doch dabei trifft er auf unerwarteten Widerstand. Die Menschen wehren sich gegen die umstrittene Förderpraxis des sogenannten Fracking.

„Das ist ein großes Geschäft in den USA“, erklärte der 42-Jährige, der das Drehbuch schrieb und länger zum Fracking recherchierte. Allerdings werde es höchst kontrovers diskutiert. „Wir wollen über keine Lösungen urteilen, sondern zeigen, was passiert.“ Denn eigentlich sei die Ausgangsidee eine andere gewesen. „Wir wollten eine Film über die amerikanische Identität machen.“ So wird „Promised Land“ (Gelobtes Land) zu einem Drama um Integrität, Zusammenhalt und Selbstbestimmung, aber es geht auch um die Macht von Konzernen, Geld und geschickt gestreuten Fehlinformationen.

Bei der Berlinale überraschte Damon mit einer unerwarteten Unterstützung für den von Pannen verfolgten Hauptstadtflughafen. „Ich würde es lieben, wenn Berlin den internationalen Flughafen hätte, den es als Hauptstadt verdient.“ Er komme sehr gerne in die deutsche Hauptstadt - doch auf die Zwischenstopps am Frankfurter Flughafen könne er dafür gut verzichten.

Der Österreicher Ulrich Seidl scheute sich wieder nicht, ungeschönte Bilder zu zeigen. In „Paradies: Hoffnung“, dem dritten Teil seiner Trilogie um Frauen auf der Suche nach Nähe und Geborgenheit, stellt er ein übergewichtiges Mädchen in den Mittelpunkt. Die 13-jährige Melli (beeindruckend: Melanie Lenz) verbringt den Sommer in einem Diätcamp, wo sie sich in einen deutlich älteren Arzt verliebt. Seidl mischt dabei „Lolita“-hafte Elemente mit präzisen Beobachtungen aus dem Alltag der Jugendlichen.

Der zweite Trilogie-Film („Paradies: Glaube“) über religiösen Fanatismus hatte im Herbst beim Festival in Venedig noch wegen einer Masturbationsszene mit einem Kruzifix für heftige Kontroversen gesorgt. „Paradies: Hoffnung“ kommt nun deutlich entschärft daher. Sexszenen gibt es nicht. Außerdem ist Melli zwar in Unterwäsche, aber nie nackt zu sehen. Tatsächlich sei er hier bewusst vorsichtig gewesen, erzählte Seidl im Interview mit der Nachrichtenagentur dpa. Schließlich gehe es um Minderjährige.

Ganz andere Themen könnten Festivalchef Dieter Kosslick derzeit durch den Kopf schwirren. Denn nicht nur der Eröffnungsfilm, das perfekt choreografierte und wunderschön gefilmte Kung-Fu-Epos „The Grandmaster“, stieß beim Premierenpublikum wegen einiger Längen auf geteiltes Echo. Kritisiert wurde außerdem, dass Kosslick nicht so viele Weltpremieren und Stars nach Berlin hole wie die anderen wichtigen Festivals in Cannes und Venedig. Doch wahrscheinlich wird sich Kosslick seine Feierlaune davon nicht verderben lassen. Immerhin bekam er bei der Eröffnung ein dickes Lob von Berlins Regierendem Bürgermeister Klaus Wowereit: Kosslick mache einen „verdammt guten Job“.

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