Fernsehen: Außenseiter aus Leidenschaft

Der 20-jährige Ludwig Trepte bekommt schon seinen zweiten Grimme-Preis. Meist spielt er wütende Verlierertypen und sensible Einzelgänger.

Düsseldorf. Wer 20 Jahre alt ist, niemals eine Schauspielschule besucht hat, aber jetzt schon seinen zweiten Adolf-Grimme-Preis erhält, der muss wohl ein Wunderkind sein. Mindestens ein Naturtalent. Aber Ludwig Trepte winkt ab. "Ich halte nicht viel vom Naturtalent eines Schauspielers, sondern glaube, dass sich jeder individuell weiter entwickeln muss."

Das klingt bescheiden, fast ein wenig langweilig. Trepte, Sohn des in der DDR populären Rocksängers Stephan Trepte, formuliert bedächtig, abwägend, ernsthaft. Ein kleiner Seitenhieb auf Kollegen ist das Äußerste. Trepte hält sich selbst für einen Arbeitswütigen. "Ich finde schon, dass man in dem Beruf voll und ganz aufgehen muss", sagt er. "Ich kenne so viele Schauspieler, die das nicht tun. Anstatt Werbekampagnen zu starten für irgendwelche Modefirmen, sollten sie lieber an sich und ihren Rollen arbeiten."

Vielleicht klingt das mit 20 Jahren ein bisschen vorlaut, aber erstens hat Trepte Recht und zweitens gibt es zurzeit kaum jemanden, der Filmfiguren aus seiner Generation derart mitreißend, kraftvoll und genau Leben einhauchen kann wie dieser junge Berliner.

Auf den ersten Blick sind es ähnliche, oft extreme Rollen, die Ludwig Trepte in den vergangenen vier Jahren zu einem Shootingstar werden ließen: Außenseiter, rotzfreche Schüler, Rechtsradikale, wütende Verlierertypen und sensible Einzelgänger.

Seinen zweiten Grimme-Preis erhält er am 3. April in Marl für die Rolle eines Schülers, der in Verdacht gerät, einen Amoklauf zu planen. "Ihr könnt euch niemals sicher sein", heißt der im Oktober im Ersten ausgestrahlte WDR-Film, der einen der fünf Auszeichnungen in der Kategorie Fiktion erhält, weil er das Klima der Angst und Verunsicherung - an den Schulen, in den Familien, zwischen den Generationen - vielschichtig zu erzählen verstand. Die Herausforderung dieser Rolle war noch ein Stück weit größer als die des verhaltensauffälligen Schülers Nico in "Guten Morgen, Herr Grothe", für die Trepte 2008 seinen ersten Grimme-Preis erhalten hatte.

Die Schauspielerei ist für ihn "kein Beruf, es ist eine Leidenschaft. Wie so eine Art Passion, eine volle Hingabe", sagt Trepte in einem Anflug von Enthusiasmus. Als Kind hatte ihn die Mutter bei einer Agentur angemeldet. In seiner ersten Hauptrolle spielte er als 16-Jähriger in "Kombat Sechzehn" einen Neonazi, der eigentlich nur Anschluss unter Gleichaltrigen sucht.

Nach dem Realschulabschluss nahm ihn die Schauspielerei in Beschlag - fast ausschließlich mit Rollen gebrochener Charaktere von Heranwachsenden. Das ist sein Fach, das hat er nachhaltig besetzt.

Anfang März war er in dem Kinofilm "Sieben Tage Sonntag" als schüchterner Schulabbrecher zu sehen, der mit seinem Kumpel darum wettet, wer von beiden es fertig bringt, den nächstbesten Menschen zu töten. Das ist wieder so eine Trepte-Rolle. Er liebe es, sagt er, als Schauspieler Menschen eine andere Sichtweise zu vermitteln und sie in einen Strudel von Gefühlen zu reißen.

Angenehme sind das nicht immer. Aber vielleicht erzeugen sie das notwendige Unbehagen darüber, dass viele junge Männer mangels Förderung in Familie und Schule schon den Anschluss verloren haben, ehe es in ihrem Leben richtig losgehen könnte.

Und wie sehen die eigenen Pläne aus? Er sei meistens "der Drauflos-Typ" und mache das, was er in dem Moment für richtig halte, sagt Trepte. Was ihm noch fehle? "Das Leben. Die Reife."

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