Porträt Erste schwarze „Tatort“-Ermittlerin legt los

Berlin · Zum Einstand wird Florence Kasumba in der aktuellen Folge mit einer Putzkraft verwechselt. Alltagsrassismus kennt die Schauspielerin aus der Realität.

 Maria Furtwängler (links) und Florence Kasumba sind am Sonntag, 3. Februar, zum ersten Mal gemeinsam im Einsatz – bei der aktuellen „Tatort“-Folge „Das verschwundene Kind“. So viel sei verraten: Der Start erfolgt mit einer Ohrfeige.

Maria Furtwängler (links) und Florence Kasumba sind am Sonntag, 3. Februar, zum ersten Mal gemeinsam im Einsatz – bei der aktuellen „Tatort“-Folge „Das verschwundene Kind“. So viel sei verraten: Der Start erfolgt mit einer Ohrfeige.

Foto: dpa/Daniel Bockwoldt

. Fast 50 Jahre nach dem ersten „Tatort“ ist es so weit: Zum ersten Mal ermittelt eine schwarze Kommissarin in Deutschlands ältester Krimireihe – die in Uganda geborene Schauspielerin Florence Kasumba gibt in der Folge „Das verschwundene Kind“ an diesem Sonntag, 3. Februar, ihre Debüt als Anaïs Schmitz. Die 42-Jährige ist die Neue an der Seite von Maria Furtwängler alias Kommissarin Charlotte Lindholm, die nach einem fatalen Fehler vom LKA Hannover zur Göttinger Polizei strafversetzt wurde. Beim Kennenlernen der neuen Kollegin tappt Lindholm gleich mal in die Rassismusfalle: Sie hält Schmitz, der sie an einem blutigen Tatort begegnet, für eine Putzfrau. Kein guter Anfang.

Die peinliche Szene ist leider nicht unrealistisch, sagt Florence Kasumba: „Manchmal erlebe auch ich Alltagsrassismus, aber ich habe gelernt, gelassen damit umzugehen.“ Ihre Rolle im „Tatort“ sei ein Schritt zu mehr Diversität im Fernsehen. „Umso mehr unterschiedliche Menschen im Fernsehen zu sehen sind, umso normaler wird es. Vielleicht gibt es ja auch bald eine Kommissarin mit Kopftuch, ohne dass das thematisiert werden muss.“ Ihre Kollegin Maria Furtwängler betont die große gesellschaftliche Verantwortung der Krimireihe: „Es ist wichtig, diese schwarze Kommissarin zu erzählen, und sie eben so oft zu erzählen, bis wir nicht mehr automatisch davon ausgehen, dass die Schwarze in dem Kittel die Putzfrau ist oder Drogen verkauft und kein Deutsch spricht.“

Florence Kasumba kam 1976 in Uganda zur Welt und wuchs in Essen auf. Nach dem Abitur studierte sie Schauspiel, Gesang und Tanz in den Niederlanden und wirkte in zahlreichen Musicals mit. Außerdem stand sie schon früh vor der Kamera, hatte unter anderem diverse „Tatort“-Gastrollen. 2016 gelang ihr dann der Sprung nach Hollywood, in der der Marvel-Verfilmung „The First Avenger: Civil War“ spielte sie zum ersten Mal die Kriegerin Ayo. Spätestens seit sie 2018 in „Black Panther“ erneut die amazonenhafte Speerkämpferin gab, ist sie ein international gefragter Star. Die Wahl für die Rolle als Anaïs Schmitz sei aber schon früher auf sie gefallen, berichtet „Tatort“-Produzentin Iris Kiefer. „Es sollte eine dunkelhäutige Kommissarin sein und ich persönlich bin sehr froh darüber, weil die Vielfalt, die man sich wünscht, im deutschen Fernsehen zu wenig abgebildet wird.“

Schwarze Ermittler und Ermittlerinnen gab es in Fernsehkrimis schon früher, zum Beispiel Dennenesch Zoudé im „Polizeiruf 110“ oder Pierre Sanoussi-Bliss in „Der Alte“. Nun folgt ihnen Florence Kasumba als „Tatort“-Kommissarin. Seit die Besetzung bekannt wurde, wird in den Medien viel über ihre Hautfarbe geredet. In den Augen der Schauspielerin ist das „ein Indikator dafür, dass Deutschland für diese Idee und für die Veränderung in der Medienlandschaft bereit ist.“

Im neuen „König der Löwen“ spricht Kasumba eine Hyäne

Im Krimi „Das verschwundene Kind“ entbindet die Schülerin Julija (Lilly Barshy) in der Schultoilette heimlich ein Baby – der Hausmeister findet die Spuren und ruft die Polizei. Mutter und Kind sind verschwunden, die Polizei sucht verzweifelt nach dem Neugeborenen, doch die Hoffnung, den Säugling lebend zu finden, schwindet von Stunde zu Stunde. Dabei fällt es den rivalisierenden Kommissarinnen Schmitz und Lindholm schwer, an einem Strang zu ziehen:  In einer Szene versetzt Schmitz ihrer Kollegin Lindholm sogar eine schallende Ohrfeige – „mangelnde Impulskontrolle“, erklärt sie schulterzuckend.

Frauenpower ist Florence Kasumba wichtig – im gesellschaftlichen Sinn, aber auch buchstäblich. Sie betreibt intensiv Kampfsport, macht viele Stunts in ihren Hollywoodfilmen selbst und ist derzeit enorm gefragt. Die Schauspielerin, die mit ihrer Familie in Berlin lebt, ist in der Amazon-Serie „Deutschland 86“ zu sehen, sie steht für den Kinofilm „Der letzte Bulle“ vor der Kamera und spricht eine Hyäne im Disney-Film „Der König der Löwen“, der im Sommer ins Kino kommt. Eine zweite „Tatort“­Folge aus Göttingen mit ihr ist in Vorbereitung.

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