Entschlackung in Bayreuth

Bayreuth. Die Richard-Wagner-Festspiele starten nicht nur in ihre 100. Spielzeit, sondern können auch zurückblicken auf 60 Jahre Neu-Bayreuth. Gefeiert und bedacht wird dies jedoch nicht.

Dabei war 1951 für die Wagner-Festspiele eine Stunde Null.

Wegen der innigen Nähe der Wagner-Familie zu Adolf Hitler herrschte nach 1945 auf dem Hügel zunächst Friedhofsruhe. Wagners verbriefter Antisemitismus und Hitlers Propaganda-Auftritte im Festspielhaus ließen keine schnelle Wiederbelebung zu. Mit viel Diplomatie gelang Richard Wagners Enkeln Wieland und Wolfgang 1951 ein Neuanfang.

„Hier gilt’s der Kunst!“ lautete die neue Parole, die das Unpolitische betonte. Passend zur Abstoßung politischer Altlasten fand Regisseur Wieland Wagner zu einer entschlackten Bühnen-Ästhetik. Bis heute gilt die fast leere Bühne als Sinnbild des modernen Musiktheaters. Klare, expressive Linien und eine Fokussierung auf starke Sänger ersetzten Schwulst und Pathos. Künstlerisch wurde die Wieland-Ära zur größten in der Festspielgeschichte der Nachkriegszeit. Vom neuen Wagner-Mythos zehrt Bayreuth bis heute.

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