Düsseldorfer Schauspielhaus: "Kuss" von Guillermo Calderón bekommt viel Applaus

In Düsseldorf zeigt der chilenische Regisseur Calderón mit seinem Stück "Kuss", wohin kulturelles Missverstehen führt.

Düsseldorfer Schauspielhaus: "Kuss" von Guillermo Calderón bekommt viel Applaus
Foto: Sebastian Hoppe.

Düsseldorf. Hadeel liebt Ahmed. Bana liebt Youssif. Youssif will Hadeel heiraten, Bana hat mit Ahmed geschlafen. So sieht es aus im Leben der vier Freunde, die sich regelmäßig treffen, um ihre Lieblings-Soap im Fernsehen zu sehen. Alltag in Damaskus 2014. Das kann nicht sein, meint der Düsseldorfer Schauspielhaus-Besucher. In Syrien herrscht Krieg, die Menschen sterben oder fliehen, aber sie verlieren sich sicher nicht in romantischen Gefühlszuständen.

Der chilenische Autor und Regisseur Guillermo Calderón hat im Kleinen Haus ein gekonntes Spiel mit dem Theater für das Theater auf die Bühne gebracht — als Autor und Regisseur. Dem Publikum hat es gefallen, viel Applaus gab es bei der Uraufführung für ein kleines Stück, das einen weltweiten Bogen spannt.

Calderón spielt mit den Erwartungen der Zuschauer, wenn er — so wie in TV-Schnulzen — die Männer (Marian Kindermann, Gregor Löbel) und Frauen (Simin Soraya, Anna Kubin) in ihrer Wohnzimmer-Welt wenig originelle Liebesbekundungen aufsagen lässt. Bana tritt aus ihrer Rolle. Laura ist sie nun, eine der vier deutschen Schauspieler, die das Stück „Kuss“ einer syrischen Autorin im Internet gefunden und inszeniert haben. Sie sind ergriffen, wie inmitten des Grauens ein Raum für Nostalgie geschaffen wird. Per Skype treten sie mit der vermeintlichen Verfasserin in einem libanesischen Flüchtlingslager in Kontakt.

Es ist komisch und tragisch zugleich, wie mit diesem auf einer Leinwand übertragenen Fern-Gespräch vorgeführt wird, wie wenig sich die Künstler zwischen Düsseldorf und Damaskus verständigen können. Was wissen wir vom Leben in Syrien? „Ihr interessiert euch doch im Moment alle für die Ukraine“, sagt die syrische Frau. Man fühlt sich ebenso ertappt in seinem Gutmenschentum, wie die um Erklärung ringenden Theatermacher auf der Bühne.

Was bedeutet nun der titelgebende Kuss, von dem Bana spricht? Folter, Vergewaltigung und Giftgasopfer — all das drängt sich im dritten Teil in den Kopf und macht es den vier improvisierenden Soap-Darstellern unmöglich, ein funktionierendes Ende zu finden. Ebenso gelingt Calderón kein großer, aber ein gut gemachter Theaterabend.

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