Ovationen für neue „Cabaret“-Inszenierung im Düsseldorfer Schauspielhaus : Pompöse Show, seichtes Schauspiel
DÜSSELDORF Willkommen im „Cabaret“, genauer im Kit-Kat-Club, in dem permanent aufgekratzte Partylaune herrscht. Vermutlich unter Einfluss von rieselnden Drogen feiern, tanzen und singen „Ladies und Gentlemen und die dazwischen“, wie der Conférencier, eine Mischung aus Mephisto und lüsternem Zirkusdirektor, nicht müde wird, sein Publikum anzuheizen.
Schrill, laut und betont obszön ist die Stimmung im angesagten Partytempel im Berlin der frühen 1930er Jahre – kurz bevor die Nazis die Macht ergreifen. Jungs mit Jungs, Mädchen mit Mädchen, kreuz und quer, jeder mit jedem. Hemmungslos mit rausgestreckter Zunge, viel nackter Haut und Muskelspiel unter knallenger Lack- und Leder-Montur. Die Hände häufig an den Genitalien der anderen.
Und dazu die unverwüstlichen Songs von Fred Ebb und John Kander, die beim Finale fast immer mit Ovationen gefeiert werden. Wie auch nach der XXL-Show in mächtig schwüler „Cabaret“-Stimmung, die das Düsseldorfer Schauspielhaus mit einer technisch aufwendigen Musical-Inszenierung herausbringt. In der Regie von André Kaczmarczyk, der sich gleichzeitig als allgegenwärtiger Conférencier in Szene setzt und sich nach Herzens Lust als androgynes Wesen austobt, in hautengen Netz-Trikots oder als melancholische Diva in blauem Federpomp. Angefeuert und live begleitet wird die zündende Glitzershow von der „Kit-Kat-Klub-Band“ von Matts Johan Leenders, der stets Kaczmarczyks Musikprojekte zu musikalischen Erfolgen geführt hat.
So schnellen hier die Temperaturen in die Höh‘ – dank Leenders fetzigen Rhythmen von Jazz und Ragtime. Die Band entfacht (mit der Orchesterfassung von Chris Walker) einen röhrenden ansteckenden Sound, der es mit amerikanischen Revuen aufnehmen kann. Einige Songs wie „Money, money“ mutieren mit Goldregen aus dem Futteral des Conférencier-Fracks zu Revuenummern. Besonders wenn Kaczmarczyk rauchig ins Mikro haucht oder grell aufdreht. Die berühmte Sally Bowles steht (im Duo) meist in seinem Schatten, wenn auch Lou Strenger in ihren Ohrwurm-Liedern überzeugt.