Zart entrückt: Angela Winkler als „Lulu“

Berlin (dpa) - Robert Wilson polarisiert. Die einen lieben den Texaner für seine hyperstilisierten Inszenierungen. Die anderen sind von der stets ähnlichen Zeitlupen-Magie seines Theaters schnell gelangweilt.

Am Berliner Ensemble feierte am Dienstagabend Wilsons Version von Wedekinds „Lulu“ Premiere - mit einer flirrend entrückten Angela Winkler (67) in der Titelrolle.

Die Musik für die „Monstertragödie“ steuerte der amerikanische Sänger und Songwriter Lou Reed (69) bei. Das Publikum war begeistert. Obwohl auch in diesem Wilson-Stück Form über Inhalt siegte.

Wilsons Inszenierung nach Frank Wedekinds „Die Büchse der Pandora“ wirkt spielerisch und tänzerisch leicht. Dahinter steckt aber wie immer ein sehr strenges Form- und Designkonzept. Der Regisseur leitet nicht nur die Schauspieler an. Auch um die Bühnenausstattung und das ausgeklügelte Lichtkonzept kümmert sich Wilson (69) selbst.

Dass die Posen der Figuren dieses Mal etwas weniger starr und ihre Gestik weniger abstrakt sind, dass liegt vor allem an Reeds Songs. Sie klingen rockig, poppig, jazzig und sind auch mal mit Country-Sounds vermischt. In jedem Fall aber fordern sie von Lulu, der Gräfin von Geschwitz (Anke Engelsmann), Schwarz (Ulrich Brandhoff), Schöning (Alexander Lang) und Dr. Goll (Georgios Tsivanoglou) eine eindeutige gefühlsmäßige Positionierung. Gesungen und gespielt wird auf Deutsch und Englisch. Die elegant in Schwarz, Silber und Grau gehaltenen Kostüme entwarf der französisch-italienische Modedesigner Jacques Reynaud.

Lulus Laster sind die Männer, deren Opfer sie am Ende wird. Die alterslose Angela Winkler spielt sie als zarte, verletzliche Kindfrau, die zwar stets ihren Willen durchsetzt - sich selbst letztlich doch fremd bleibt. Szenenapplaus gab es nicht nur für die Schauspieler, sondern auch für eines der bis ins Detail durchkomponierten Bühnenbilder: Lulu steht einsam am Ende einer Zypressen-Allee, scheinbar eins mit den schlanken, eleganten Bäumen, den Blick in eine unbestimmte Ferne und Zukunft gerichtet. Darüber schweben Kronleuchter.

Für Angela Winkler ist es nicht die erste Zusammenarbeit mit Wilson. Die Schauspielerin war schon als kokette Spelunken-Jenny in seiner „Dreigroschenoper“-Inszenierung zu sehen und als Paulina im „Wintermärchen“.

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