Wagner-Oper als Musical - Das Auftragsmachwerk

„Der Ring als Rock-Musical“ am Theater Bonn war eine arg enttäuschende Bühnen-Entgleisung.

Bonn. Seit seiner Uraufführung 1876 war Richard Wagners "Ring"-Tetralogie immer wieder für Adaptionen, Parodien oder Sketche gut. Warum also nicht auch ein Musical, dachte man sich wohl am Theater Bonn. Den Auftrag erhielten der Komponist Frank Nimsgern, der in dem Fach seit Jahren zu Hause ist und als Sohn des Baritons Siegmund Nimsgern oft nach Bayreuth zwangsverschickt wurde, sowie der Gebrauchsdramatiker Daniel Call als Librettist.

Die Inszenierung von Christian von Götz bettet diesen "Ring" in die Rahmenhandlung eines heranwachsenden Mädchens, das Zoff mit seinem Vater hat und sich in die quietschbunte Fantasywelt der Nibelungen flüchtet. Da schwatzt Alberich (Darius Merstein-MacLeod) als trotteliger Angler den neonfarbenen Rheintöchtern den Ring ab und verwandelt sich zum Peitsche schwingenden Mafioso mit Sado-Ballett.

Vieles an dieser Inszenierung erinnert an frühere "Ring"-Deutungen, ob es nun Brunhilds Feuerring, Wotans Götterrampe oder der Fahrstuhl ist, mit dem er in die Nibelungenwelt hinabfährt. Manches mag ironisch gemeint sein, wie die Pappfelsen oder die aufblühenden Riesentulpen (Bühne: Heinz Hauser) beim Liebesduett von Siegfried und Brunhild.

Was an diesem "Ring" aber letztlich so enttäuscht, ist zum einen das trostlose Pathos von Versen wie "Ich bin mir ganz sicher, das war was, / das machte uns frei. / Doch was es auch war, / jetzt ist es vorbei", deren Instanterkenntnisse über Macht, Liebe, Gier in jedem Ratgeber stehen könnten.

Zum andern die Retortenmusik von Nimsgern, die sich zwar Wagner-Motive wie Accessoires ansteckt, über einfachste Konfektionsware aber nicht hinauskommt. Mit seiner Band aus Gitarren, Keyboards, Drums und Bass rührt der Komponist eine mit orchestralen Samples unterfütterte Bombastrocksoße mit eingestreuten Balladen an, die die Lloyd-Webber- und Giorgio-Moro-Adepten seit Jahren im musikalischen Kochbuch haben.

Nach der "Freaxxs"-Produktion ist dies der zweite Missgriff des Bonner Theaters im Bereich des Musiktheaters. Kein gutes Zeugnis für die Beethovenstadt.

Karriere 1968 geboren, ist Christian von Götz sowohl auf der Opern- als auch auf der Musicalbühne zuhause. Nach seiner Ausbildung an den Musikhochschulen Wien und Berlin profilierte er sich mit Inszenierungen von Werken Martinus, Honeggers und Poulencs. In diesem Jahr war er beim Festival von Edinburgh mit Strauss’ "Capricco" präsent und in Köln mit Mozarts "Figaro".

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