Ute Lemper bringt Südamerika nach Deutschland

Baden-Baden (dpa) - Ute Lemper ist zurück. Die zum Weltstar avancierte Chansonnière, die in New York lebt, kommt für eine kurze Tournee nach Deutschland - mit einer Hommage an den Tango-König Astor Piazzolla.

„Lost Tango“ wird bei der Premiere im Festspielhaus Baden-Baden am Samstagabend zu einem mit Ovationen gefeierten Wiedersehen mit der Künstlerin.

Lemper reizt dabei die Extreme des argentinischen Tangos aus: Sie schreit und schluchzt. Sie haucht und wispert. Sie wechselt von Verzweiflung zu sehnsuchtsvoller Hoffnung. Im blutroten Kleid mit einem Schlitz bis zur Hüfte wirbelt sie über die Bühne. Ihrem Körper sieht man weder die 48 Jahre an, noch dass Lemper erst vor knapp zwei Monaten ein Baby zur Welt gebracht hat. Sie spricht und singt in vier Sprachen und man spürt, dass sie in jeder zuhause ist. Den typischen Buenos-Aires-Tonfall für das Spanische hat sie extra für die Tango-Tournee perfektioniert.

An Perfektion lassen es auch die Profis an ihrer Seite nicht fehlen. Schnell macht das Astor-Piazzolla-Sextett deutlich, dass an diesem Abend keine Tango-Romantik für Tanzschüler auf dem Programm steht. Auch ohne ihren 1992 gestorbenen Altmeister zeigen die Protagonisten mit zwei konzertanten Stücken voller Düsternis und Gehetztheit, dass sie weiter Musikgeschichte schreiben wollen.

„Piazzolla hat die Welt in den Tango und den Tango in die Welt gebracht“, schwärmt Ute Lemper über den Argentinier, der die Klänge aus der Welt der Verzweifelten begreifbar gemacht und in die Salons geholt hatte. Seit 15 Jahren, sagt Ute Lemper, fliegt sie zweimal im Jahr nach Buenos Aires, studiert dort Tango und Lebensgefühl - aber das sei ja sowieso dasselbe. Das wolle sie nun nach Deutschland bringen.

Es ist eine morbide Welt, die sie mit ihrer Stimme hautnah erschauern lässt: apokalyptische Alpträume von New York und Berlin oder den täglichen Tod im Morgengrauen. Doch dazwischen flackert immer unsterbliche Sehnsucht und Verheißung.

Am stärksten präsentiert sich Lemper aber - wie sollte es anders sein - in ihrem ureigensten Metier. Kurt Weill, Jaques Brel und Edith Piaf stehen Pate, wenn Lemper zur Hochform aufläuft. Das sind auch die Momente, in denen sie einem anderen deutschen Weltstar-Export - nicht nur aufgrund der Frisur - am meisten ähnelt: Marlene Dietrich.

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