Theaterfestival: Trash-Puppen verwursten die Geschichte

Beim Festival Impulse vergreift sich das Berliner Puppentheater „Das Helmi“ an dem Klassiker „Arsen und Spitzenhäubchen“.

Düsseldorf. Beim Theaterfestival Impulse zeigt das Berliner Puppentheater "Das Helmi" gleich "10 Stücke in 11 Tagen". Im Forum Freies Theater (FFT) war jetzt eine Adaption des schwarzhumorigen Filmklassikers "Arsen und Spitzenhäubchen" (1944) zu sehen, der wiederum auf einem Broadway-Erfolg basiert. Die makabre Absurdität des Films erreichen die Berliner mit ihren Trash-Puppen so gut wie nie, dazu haben sie ihren Dilettantismus zu sehr zum Stilprinzip erhoben. Plumpheit ist hier Trumpf, aber man kommt sich ungeheuer witzig dabei vor. Als Kritiker kann man sich bei dieser Produktion so fremd fühlen, wie sich Mortimer Brewster, auch Theaterkritiker, in seiner eigenen Familie zunehmend fremd vorkommt. Brewster, im Film von Cary Grant gespielt, will mit seiner ihm frisch angetrauten Elaine in die Flitterwochen aufbrechen, als er entdeckt, dass seine vermeintlich harmlosen Tanten Abby und Martha mit Hilfe ihres durchgeknallten Bruders Teddy ältere Herrn vergiften und dann im Keller verscharren. Froh ist er dann am Ende darüber, dass er mit der verrückten Familie gar nicht verwandt ist, da er als Kind adoptiert wurde. Das junge Paar wird von Holger Stockhaus und Ludmilla Skripkina gegeben, Florian und Felix Loycke, Emir Tebatebai und Brian Morrow animieren den Rest des Personals als Handpuppen oder auch nur Masken. Und diese sind mit Schaumstoff und Stofffetzen alle recht grob gebaut (Florian Loycke), die Armut seiner Mittel auszustellen, ist ja nun erst einmal nichts Schlechtes.

Warum Kindergeburtstag, warum Generalfeldmarschall Paulus?

Auch muss man nicht bemängeln, dass man die Puppenspieler sieht, wer wollte sich noch über derlei mokieren. Dass man dann aber zu häufig die privaten Regungen der Spieler erlebt, die sich über ihre eigenen Albernheiten amüsieren, muss nicht sein. Ein wenig möchte man ja doch noch das Gefühl haben, im Theater zu sitzen und nicht an einem Kindergeburtstag teilzunehmen. Im Film bildet sich Brewsters Onkel ein, US-Präsident Theodore Roosevelt zu sein, bei "Das Helmi" hält er sich für Generalfeldmarschall Paulus, und so wird auch noch deutsche Geschichte auf flachstem Niveau verwurstet. "Es lebe das Leben ohne Verstand", so der Refrain eines der Lieder, die im quietschenden Falsett vorgetragen werden, ein wenig mehr Spielintelligenz hätte man sich auf jeden Fall gewünscht. Dass ein Herr Alexis Bug bei diesem Unfug auch noch Regie geführt haben soll, mag man kaum glauben. Der Impulse-Preisträger - die Jury wählt ihn und gibt ihn am Sonntag bekannt - wird in diesem Jahr als Teilnehmer im Rahmenprogramm des Berliner Theatertreffens wie auch auf den großen Festivals der Schweiz und in Österreich zu sehen sein. Es bewerben sich Das Helmi, David Marton mit "Fairy Queen", die Bairische Geisha mit "Mein München - was haben wir hier verloren?", Ivana Müller mit "While We Were Holding It Together", Monster Truck mit "Live Tonight" She She Pop mit "Die Relevanz-Show" und Showcase Beat Le Mot mit "Der Räuber Hotzenplotz". Nach der Preisverleihung gibt’s eine Abschlussparty in den FFT Kammerspielen. Wertung: Ensemble: 1 von 5 Punkten Regie: 1 von 5 Punkten Bühne: 1 von 5 Punkten

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