Kritik Slapstick, Kalauer und Bildungsgelaber: Jürgen von der Lippe im Theater an der Kö

Jürgen von der Lippe will's noch mal wissen. Sein Theaterstück „Die wollen nur spielen“ ist bis Mitte Juni in Düsseldorf zu sehen. Unser Autor war bei der Premiere dabei.

 Jürgen von der Lippe ist noch bis Mitte Juni im Theater an der Kö zu sehen. Archivbild.

Jürgen von der Lippe ist noch bis Mitte Juni im Theater an der Kö zu sehen. Archivbild.

Foto: Henning Kaiser

Düsseldorf. Seine Zeit ist eigentlich vorbei. Als Comedian, Entertainer, Musiker, Komiker und, man glaubt es kaum, als Schauspieler. Und doch will’s Jürgen von der Lippe — alias Hans-Jürgen Hubert Dohrenkamp — immer mal wieder wissen. Und schrieb sich 2013 das Stück „Die wollen nur spielen“ auf seinen wohlgerundeten Leib, das noch bis Mitte Juni im Theater an der Kö zu sehen ist. Klar, dass der Mann, der Jahrzehnte lang auf der Mattscheibe als Prototyp eines rheinischen Comedian galt, darin gleich ‚Gott’ spielen muss. Bescheiden, wie er ist. Natürlich nur als Kunstfigur in einem Stück, das es eigentlich nicht gibt. Denn Theaterstücke zu schreiben, das gilt wirklich nicht als seine Stärke.

Eingeschworene Von-der-Lippe-Fans mögen zwar in dieser „Von-der-Lippe-Show“ mit reichlich Slapsticks, Kalauern, Bildungsgelaber über antike Mythologie und Alt-Herrenwitzen aus der Mottenkiste auf ihre Kosten kommen. Manchmal fühlt man sich zurückversetzt in die späten 70er und frühen 80er Jahre. Warum nicht? Doch eines sollte niemand bei diesen Stegreif-Übungen, die sich über lange zweieinviertel Stunden hinziehen, erwarten: Boulevard-Theater in seiner besten Form — so wie es Hausherr, Regisseur und Erfolgsautor René Heinersdorff aus dem EfEf beherrscht.

Erstaunlich, dass ein so versierter und stilsicherer Theatermann wie Heinersdorff Jürgen von der Lippe (als Autor und Protagonist) den Zuschlag für diese Premiere gab. Egal, lachen kann man über einige komische Situationen. Nur der Etikettenschwindel stört a bissel; denn um eine „Komödie“, wie es im Untertitel heißt, geht es hier nicht.

Zurück zur Handlung. Anfangs hockt ‚Gott’ — alias Gottlieb — auf der Couch beim Psychiater Paul (Thomas M. Held), der sich kurze Zeit später als sein Sohn entpuppt. Gottlieb versucht dem Arzt, einem Gott in Weiß, beizubringen, dass er nicht sein leiblicher Vater ist. Nur allmählich versteht man, dass es gar nicht um Gott und einen von ihm zu erschaffenden Adam geht, sondern um einen nahezu klassischen Vater-Sohn-Konflikt.

Denn der 40-jährige Spross ist ein Filou, der gut und gerne auf Kosten seines betuchten Papas, des Unternehmers Gott, lebt. Letzterer ist Amateur-Dramatiker und -Mime, der an einem Stück mit ihm in der Hauptrolle bastelt. Natürlich spielen dabei auch Frauen eine Rolle. Mara und Lara. Die eine gefällt dem Vater, die andere dem Sohn. Die beiden putzmunter aufgekratzten Gesellinnen sind natürlich Zwillingsschwestern. Spätestens hier kratzen sich manche Zuschauer am Kopf und fragen sich, wohin diese Konstellation — so ganz aus von der Lippes wahrem Leben gegriffen - wohl noch führen soll.

Haarsträubend sind die Rollenspiele, denn plötzlich verliebt sich die eben noch dem Sohn gewogene Lara — von Hause aus vegetarische Nymphomanin - in den Alten, während Mara sich dem Sohnemann an den Hals wirft. Die einen stehen auf Sex, die anderen auf Spaghetti. Und, man ahnt es schon: eindeutige Zweideutigkeiten, Zoten und Klemmwitze werden durchkonjugiert. Herb und derb. Nicht einmal oder zweimal — fast immer landen angestrengte Slapsticks und geklopfte Sprüche über Figuren aus der Bibel oder aus germanischer Mythologie zielsicher unterhalb der Gürtellinie. Selbst vor schlüpfriger und umgangssprachlicher Deutung von ‚Nudeln’ oder ‚Pendeln’ schreckt von der Lippe nicht zurück.

Regisseur Axel Beyer, Astrid Kohrs (als Mara, Maria und Eva), Nina Vorbrodt (als Lara und Fräulein Mülheim) und Thomas M. Held (als Psychiater Paul und Adam) ziehen alle Register, diese, wie mit einer Laubsäge gefertigte Improvisations-Übung noch in ein zündendes Theatererlebnis zu verwandeln. Doch auch sie können der (Über-)Macht der platten Witze des Senior-Comedian von der Lippe kaum entkommen. Fazit: eine willkürliche Collage aus Witzchen, Sprücheklopfereien und Zoten — zu empfehlen vielleicht den hartgesottenen Anhängern eines in die Jahre gekommenen Komikers, der am 8. Juni seinen 70. Geburtstag feiern wird.

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