Singspiel „Im Weißen Rössl“: Holadiho im Dreiviertel-Takt

Christian Weise inszeniert in Düsseldorf „Im Weißen Rössl“ und tut niemandem weh.

Düsseldorf. Zwischen Shakespeare und dem Singspiel „Im Weißen Rössl“ liegen Welten — sollte man meinen. Christian Weise inszeniert die weltweit meistgespielte Operette im Düsseldorfer Schauspielhaus durchaus mit Parallelen.

Bei ihm kommen alle auf ihre Kosten: Das Volk kann mitsingen und mitklatschen, für kritische Geister gibt es feine Ironie und dem Auftraggeber füllt es die Zuschauerreihen.

Und genau das braucht das Düsseldorfer Theater, das mit miserabler Auslastung und miesepetriger Stimmung zu kämpfen hat. Insofern ist die liebevoll ausgestattete und überzeugend gespielte Inszenierung ein Erfolg.

Auch wenn sich am Ende der knapp drei Stunden das Gefühl aufdrängt, hier doch allzu harmlos unterhalten worden zu sein. Zudem dauert es ziemlich lange, bis sich ein Ohrwurm wie der vom schönen Sigismund endlich wieder verkrochen hat.

Nun gut. Einem Shakespeare-Narr gleicht die Briefträgerin Kathi, die zu Anfang hoch droben am Gipfelkreuz heiser ihr „Holadiho“ ins Bergidyll schreit. Sie kann nicht lesen und schreiben und behält doch bei allen Verwirrungen am Wolfgangsee den Überblick.

Sogar beim Erscheinen des Kaisers — ein herrlicher Auftritt von Schauspielhaus-Urgestein Wolfgang Reinbacher — spricht sie klar, während alle anderen aufgekratzt durcheinanderstammeln und -stolpern. Catherine Stoyan spielt die Kathi zurückgenommen als Kontrapunkt zum Rest, der sich im komisch-kitschigen 50er Jahre Look auf der Drehbühne im Dreiviertel-Takt bewegt.

Mit Schmelz in der Stimme schmettert Florian Jahr als Rechtsanwalt Siedler: „Ein Liebeslied muss ein Walzer sein.“ Sein Duett mit Anna Kubin als Otti gehört gesanglich zu den stärksten Auftritten, und es macht Spaß, den Schauspielern bei den albernen Tändeleien zuzusehen, die ohne Brüche Szene für Szene über die Bühne gehen.

Regisseur Weise zeigt den Düsseldorfern, was das Ensemble kann. Wie Moritz Führmann im Schwimmanzug den schönen Sigismund-Körper zur Schau stellt, ist guter Slapstick. Imogen Kogge wirft sich mit großem Einsatz in die Brust und auf die Knie, so dass man Angst um ihr enggeschnürtes Dirndl bekommt.

Ein wirklicher Genuss ist die Band, die aus den Evergreens mit Anklängen aus Swing und Jazz und Mut zum Schrägen auch Schlagerhasser nicht vergrätzt. Wenn das Ensemble ganz zum Schluss in Endlosschleife die Wörter „Im Weißen Rössl“ von sich gibt, ist das dann doch einer der wenigen kritischen Töne an diesem leichten Abend.

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