Shakespeare und Sellars: Welttheater in Bochum

„Othello – Der Mohr von Venedig“ hat am Donnerstag Deutschlandpremiere.

Bochum. Nach dem Auftakt bei den Wiener Festwochen feiert Shakesspeares "Othello" in einer Inszenierung des renommierten Regisseurs Peter Sellars am Donnerstag, 19.30 Uhr, im Schauspielhaus Bochum Deutschlandpremiere. Oscar-Preisträger Philip Seymour Hoffman spielt den Intriganten Jago, Miami-Vice-Star John Ortíz den schwarzen venezianischen Feldherrn Othello. Sellars holt Shakespeares Tragödie um Liebe, Eifersucht und Gewalt ins 21. Jahrhundert.

In der viereinhalbstündigen Produktion in englischer Originalsprache mit deutschen Übertitel geht es Sellars auch um die Sprache: "Jedes Wort in der Produktion ist Shakespeare, aber das Sprechen ist modern, der Rhythmus ist anders", erklärt Sellars. 1994 inszenierte er bereits mit Hoffman und Ortíz Shakespeares "Kaufmann von Venedig".

Trotzdem scheint ihn dieses Stück Überwindung gekostet zu haben: "Shakespeare ist großartig, aber dieses Stück von ihm ist einfach nur entsetzlich. Das wird auch nicht besser", stöhnt der Regisseur. Legendär ist sein Zyklus an Mozart-Opern, in dem er beispielsweise "Cosí fan Tutte" in ein amerikanisches Highway-Motel verlegt.

Sein "Othello", dessen Entstehung in den "historischen Moment" der Wahl Barack Obamas fiel, hebt die dem Shakespeareschen Original zugrundeliegene "Rassenfrage" auf, auch indem er Othello mit dem Lateinamerikaner Ortíz besetzt.

Es geht vor allem um das, "was nicht gesagt wird". Lügen und Intrigen zerstören die Liebe zwischen dem erfolgreichen, schwarzen Feldherren Othello und der weißen Desdemona (Jessica Chastain). Dem Intriganten Jago treibt nicht nur die Eifersucht zu seinem verräterischen Spiel. Jago gelingt es, Othello davon zu überzeugen, dass Desdemona ihn mit Cassio (Leroy McClain) betrügt. Ein besticktes Taschentuch, das Desdemona verliert, wird ihm zum entscheidenden Indiz.

Hoffman erklärt, dass seine Rolle komplexer ist: "Jago muss mehr in seinem Herzen tragen, als einfach nur Hass". Sellars ergänzt: "Es geht um Beziehungen - das, was Menschen sich gegenseitig antun."

Wie kein anderer versteht Sellar es, klassische Stücke mit unserer Realität in Bezug zu setzen. Dabei nimmt er seinen Inszenierungen die Bildungsbarrikaden, die den Zugang zu den Stücken versperren, weg und öffnet sein Theater für jedermann. Termine: 25., 26., 27., 28. Juni, Schauspielhaus Bochum, Königsallee 15, zu sehen. Nur noch Restkarten an der Abendkasse.

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