Seine Stimme drang in die Seele

Otto Sander, einer der bedeutendsten deutschen Charakterdarsteller, ist im Alter von 72 Jahren in Berlin gestorben.

Berlin. Er war klein, hager, gern ein Schweiger, hatte auffallend rotes Haar und helle Wimpern. Doch es war etwas mit und um Otto Sander, dass er nicht zu übersehen und schon gar nicht zu überhören war. Wenn von großen deutschen Schauspielern die Rede ist, kommt an ihm keiner vorbei. „Es macht mir Spaß, mit möglichst wenig viel zu sagen“, erklärte er 2011 der „Zeit“. Er wolle ja gar nichts: „nicht belehren, nicht aufklären, nicht erklären. Ich will mich jedenfalls nicht aufdrängen.“

Er spielte die großen Theaterrollen in Berlin, in Salzburg, immer wieder auch in Wien und Bochum — dort war er zuletzt 2004 als „Hauptmann von Köpenick“ zu sehen, bei ihm eher eine tragische denn komische Figur.

Bei ihm lag das Tragische und das Komische ohnehin eng beieinander, denn er wusste, dass das eine ohne das andere kaum sein kann. Schauspieler war er geworden, „weil ich das, was in meinem Kopf vorgeht, gerne ausdrücken wollte — also wirklich rausdrücken“.

Spielen, immer wollte er spielen. Hier ein Amphytrion, da eine Filmrolle wie den Thomsen in „Das Boot“ und den Liebknecht in Margarethe von Trottas Film über Rosa Luxemburg, dazwischen ein Hörbuch oder die Offstimme für eine Dokumentation — in der Branche hieß er wegen seiner sonoren, warmen Stimme „The Voice“. Und abends war er gern gesellig.

Der Regisseur Leander Haußmann verglich Sanders Arbeitsweise mit der eines „risikofreudigen Bomberpiloten“: „Man denkt, er stürzt gleich ab, aber im letzten Moment reißt er das Steuer hoch und schwingt sich in gefährliche Höhen, mit Looping und allem. Er kann einem schon Angst machen, der Otto.“

2006 war Sander an Krebs erkrankt. Vor zwei Jahren sagte er, man solle sich keine Sorgen machen, die Ärzte hätten nichts mehr gefu nden. Auf die Frage, was er der Welt hinterlassen wolle, sagte er: „Dass man mich in Erinnerung behält (. . .). Gerne auch, dass man das noch lange toll findet.“ Da muss er sich wohl keine Sorgen machen. Otto Sander ist am Donnerstag im Alter von 72 Jahren in Berlin gestorben.

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