Schillers Plädoyer für die Freiheit als Tanztheater

Mannheim (dpa) - Schillers Plädoyer für die Freiheit als Tanztheater - unter dem Titel „Schiller Thriller“ erlebte das Stück am Mittwochabend bei den Mannheimer Schillertagen seine Uraufführung.

Der Schweizer Regisseur Massimo Furlan thematisiert in dem Stück die Antrittsvorlesung Schillers als Gastprofessor an der Universität Jena im Jahr 1789. Die Mischung aus Tanz, Pantomime, Musik und Sprechtheater begeisterte das Publikum. Nach knapp einer Stunde gab es viel Beifall.

Eine wundervolle Welt des Fortschritts, Wohlstands und der Bildung erwarteten viele Intellektuelle im Zeitalter der Französischen Revolution als Gegenentwurf zum Absolutismus. Auch der Dichter Friedrich Schiller (1759-1805) beschäftigte sich in seiner zweitägigen Antrittsvorlesung als Gastprofessor in Jena in seinen universalgeschichtlichen Ausführungen mit dem heute oft als naiv abgestempelten Glauben an den Fortschritt.

222 Jahre später erinnert der Regisseur Furlan mit der Dramaturgin Claire de Ribaupierre bei den Internationalen Schillertagen des Nationaltheaters Mannheim an die Vorlesung. Absätze der Rede Schillers (gespielt von Nicolas Leresche) werden aufgegriffen und durch Bewegung, Pantomime, eingespielte Musiktitel - vom Schlager bis Heavy Metal - sowie durch fantastische Standbilder kritisch reflektiert.

Der Fortschrittglaube des 18. und 19. Jahrhunderts mit einer blinden Vernunfterwartung in Kunst und Wissenschaft wird bildnerisch als Mitauslöser für zahlreiche Kriege und soziale Krisen seit der Industrialisierung verantwortlich gemacht. Daneben tauchen immer wieder Figuren aus Schillers Werken aus Nebelwolken auf. Sie sollen deutlich machen, dass der Dramatiker in seiner Dichtung durchaus eine nichtidealisierte Welt mit Mord, Totschlag, Liebe und Eifersucht favorisierte.

Die Bühneninterpretation Furlans verweist auf einen ungezügelten Kapitalismus und Kolonialismus, der entstehen konnte und den Menschen unfrei machte - was nicht im Sinne Schillers gewesen wäre. In der metaphorischen Symbolik tanzt zum Abschluss Schiller-Darsteller Leresche immer verzweifelter mit den stummen Protagonisten neben einem überdimensionalen Plastik-Jagdbomber. Sein abschließendes Plädoyer für die Freiheit verpufft im Lärm.

Die Moral in der streckenweise etwas langatmigen Aufführung ist offenkundig: Der Mensch muss weiter an sich arbeiten und braucht idealistische Weltbilder als Orientierung. Die Schillertage standen in diesem Jahr unter dem Motto „Macht Geschichte!“ und widmeten sich vor allem der Rolle Schillers als Historiker.

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