Sasha Waltz sucht neuen Standort

Berlin (dpa) - Sasha Waltz, eine der international erfolgreichsten zeitgenössischen Choreographinnen aus Deutschland, sieht keine Zukunft mehr für ihre Tanzcompagnie in Berlin und sucht einen neuen Standort.

Die Compagnie habe eine untragbare Belastungsgrenze erreicht, erklärte Waltz am Dienstag. Die Hälfte des Etats von jährlich vier Millionen Euro müsse das Ensemble unter großem finanziellen Risiko und ohne festen Spielort selbst erwirtschaften.

Die Stadt könne dem Ensemble keine konkrete und dauerhafte Perspektive bieten. Dies sei bei einem Gespräch mit Kulturstaatssekretär André Schmitz deutlich geworden, erklärte Waltz.

Schmitz teilte mit, er wolle Waltz in Berlin halten, sehe aber angesichts der Berliner Finanzlage keinen Spielraum für eine Erhöhung der Förderung von zurzeit 1,85 Millionen Euro im Jahr.

Bereits in der vergangenen Woche hatte der Intendant des Staatsballetts Berlin, Vladimir Malakhov, seinen Rückzug angekündigt. Er wolle seinen Vertrag nicht über die Spielzeit 2013/2014 hinaus verlängern. Der Tänzer und Choreograph hatte Schmitz vorgeworfen, ihn mit der Vertragsverlängerung „hingehalten“ zu haben.

Waltz (49) will in einem ersten Schritt die Aktivitäten in Berlin herunterfahren und sie nicht mehr über Koproduktionen und Gastspiele außerhalb der Stadt finanzieren. Darüber hinaus habe sie Kontakt zu nationalen und internationalen Partnern aufgenommen, „um einen neuen Standort für eine solide und langfristig tragfähige Situation für die Arbeit des Ensembles zu finden“, erklärte sie.

Gleichzeitig forderte Waltz eine Neuausrichtung des Tanzes in Berlin. Das Jahr des 100. Jubiläums des Balletts „Le Sacre du Printemps“, der den Aufbruch in die Moderne in Musik und Tanz markiert, wäre ihrer Meinung nach dazu der richtige Moment. „Die Pflege des klassischen Erbes macht erst im Kontext von Moderne und Gegenwart Sinn“, erklärte Waltz.

Eine Sprecherin von Sasha Waltz sagte auf Anfrage, es gebe keinen Zusammenhang zwischen dem Gespräch mit Schmitz und dem angekündigten Weggang Malakhovs. Das Gespräch sei schon länger vereinbart gewesen.

Sasha Waltz gilt neben der 2009 gestorbenen Pina Bausch als bekannteste deutsche Tanzkünstlerin. Gemeinsam mit ihrem Lebensgefährten Jochen Sandig gründete sie 1993 die Tanzcompagnie „Sasha Waltz & Guests“. In ihren Choreographien greift Waltz gerne Situationen aus dem Alltag auf und beschreibt soziales Verhalten.

„Berlin ist seit 1992 mein künstlerischer Mittelpunkt“, erklärte Waltz. „Aber die Diskrepanz zwischen meinen Visionen, den Möglichkeiten und dem Kampf um die Existenzsicherung der Compagnie drängt mich nach 20 Jahren zu dem Entschluss einer vollkommenen Neuorientierung.“

Immer wieder hat Waltz spektakuläre Tanzstücke in Museumsräumen aufgeführt. Großen Erfolg hatte sie mit der Choreographie für Henry Purcells Oper „Dido und Aeneas“, die zum Theatertreffen 2007 eingeladen wurde. Im kommenden Mai wird Waltz Strawinskys Ballett „Le Sacre Du Printemps“ in Paris realisieren, dem Ort, wo das Werk vor genau 100 Jahren uraufgeführt wurde.

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