Kafka in Hannover Samuel Koch: Mit Stimme und Geist berühren

Hannover (dpa) - Bei der Jahrestagung der Dramaturgischen Gesellschaft diskutieren Theatermacher über den Körper - und haben dazu den querschnittsgelähmten Schauspieler Samuel Koch eingeladen.

Kafka in Hannover: Samuel Koch: Mit Stimme und Geist berühren
Foto: dpa

Der 29-Jährige präsentiert am Samstag gemeinsam mit seinem Kollegen Robert Lang das Stück „Ein Bericht für eine Akademie“ von Franz Kafka. Dabei ist Koch mit Hilfe von dickem Klebeband mit seinem Partner verbunden und kann dadurch aufrecht spielen.

Das Stück hatten die Studienfreunde für ihre Schauspiel-Prüfung vor knapp drei Jahren in Hannover entwickelt, inzwischen gehört es zum Spielplan des Staatstheaters Darmstadt. Samuel Koch, der seit seinem Unfall in der TV-Show „Wetten, dass...?“ im Rollstuhl sitzt, ist zum ersten Mal seit 2014 wieder auf einer Bühne in Hannover zu sehen.

Frage: Mit welchen Gefühlen kehren Sie nach Hannover zurück?

Antwort: Ich habe viele schöne Erinnerungen an die Stadt, an meine Ausbildung, an meine Kommilitonen. Es war alleine schon eine Ehre, beim Schauspielstudium genommen zu werden, als einer unter Tausenden. Meine Gefühle sind ambivalent. Ich bin damals viel mit dem Fahrrad unterwegs gewesen, vom Expogelände zum Maschsee. Nun gibt es Orte, die ich ohne Hilfe nicht mehr erreichen könnte. Insgesamt freue ich mich sehr zurückzukommen.

Frage: Das Thema der Tagung ist der Körper. Welche Rolle spielte der Körper bei Ihnen als Schauspieler vor dem Unfall, welche nach dem Unfall?

Antwort: Meine Dozenten an der Uni befürchteten vor dem Unfall, dass mir meine Körperlichkeit beim Schauspielern im Weg stehen könnte. Diese Sorge habe ich ja nun nicht mehr ... Zur Schauspielerei gehört mehr als nur der Körper, nämlich Stimme und Geist. Natürlich sind viele Dinge für mich weggefallen. Weswegen ich mich auch lange gefragt habe: Was soll das Ganze überhaupt noch? Aber ich habe mich dann auf die ursprünglichen Reize der Schauspielerei besonnen. Die Essenz ist geblieben: Menschen zum Lachen, Weinen und im besten Fall zum Nachdenken anzuregen.

Frage: Sie sind festes Ensemblemitglied am Staatstheater Darmstadt. Wie lange werden Sie dort noch bleiben?

Antwort: Mein Vertrag umfasst auf jeden Fall noch die nächste Spielzeit bis 2018.

Frage: Ihren Weg verfolgen Menschen in ganz Deutschland. Was wird man von Ihnen in diesem Jahr über Darmstadt hinaus sehen?

Antwort: Mit meiner Frau Sarah lese ich zur Zeit, passend zur aktuellen Holocaustdebatte, Briefe von Sophie Scholl und ihrem Verlobten Fritz Hartnagel. Bekannt ist ja, dass wir außerdem gemeinsam beim „Großstadtrevier“ gedreht haben. Aktuell befinde ich mich in den Drehvorbereitungen für meine erste Hauptrolle in einem Kinofilm.

ZUR PERSON: Samuel Koch (29) wuchs in Efringen-Kirchen an der deutsch-schweizerischen Grenze auf. Vor gut sechs Jahren verunglückte der Leistungsturner und Schauspiel-Student als „Wetten, dass..?“-Kandidat bei einem Stunt. Heute ist er Ensemblemitglied des Staatstheaters Darmstadt. Im August heiratete Koch seine Schauspielkollegin Sarah Elena Timpe (31).

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