Salzburg: Tai Chi mit dem Teufel

Spektakuläre Stürze und Raufereien im Mysterienspiel.

Salzburg. Sie sind jung und kamen irgendwie an Geld. Das feiern sie jetzt so sorgen- und skrupellos wie möglich. Der Typ mit den Dreadlocks, der Gothic-Fan in schwarzer Lederkluft und der Jedermann als Brutalo-Chef mit weit aufgeknöpftem Hemd. Leider kommt der liebe Gott mit seinen uncoolen Moralansprüchen samt Tod und Teufel dazwischen.

Hugo von Hofmannsthals "Jedermann" war als traditionsreiches Eröffnungsstück der 90.Salzburger Festspiele in Christian Stückls überarbeiteter Inszenierung aktuell wie nie. Beim eher konservativen Publikum punktet die Verjüngung vor allem durch den neuen Hauptdarsteller Nicholas Ofczarek.

Er gibt mit Raufereien und spektakulären Stürzen einen sehr körperbetonten reichen Mann. Mit Ofczarek und Birgit Minichmayr als Buhlschaft haben die Festspiele das aktuelle junge österreichische Theater-Traumpaar verpflichtet. Und die Burgschauspieler füllten leicht den riesigen Domplatz.

Als gewissenloser Lebemann stolziert Ofczarek über die Bühne. Den armen Schuldner tritt er zusammen, seine Buhlschaft drückt er so fest, dass diese "Aua" schreit. Der Machtmensch weiß, was er will, und hat seine eigenen Gesetze - durchaus zeitgemäßer Ego-Wahn. Den Übergang zum reumütigen Sünder schafft der Ausnahmeschauspieler überzeugend: Zum Schluss ist der Gotteslästerer in Tränen aufgelöst.

Minichmayrs Buhlschaft nimmt ihr Leben in die Hand, statt bloß dekorativ säuselnde Geliebte zu sein. Sie ist ihm sehr zugetan, hält ihm auch die Treue. Als er jedoch verlangt, sie solle mit ihm sterben, wendet sie sich ab und geht - "Jedermann" in Zeiten gleichberechtigter Lebensabschnittspartnerschaft.

Einzig Peter Jordan als Teufel schreitet streng im Nadelstreifenanzug umher. Mit allen Mitteln kämpft er überzeugend um die reiche Seele - unter anderem mit Tai Chi gegen die Gestalt der Guten Werke (Angelika Richter).

Wenn Ben Becker als schwammig-morbider Tod in silbergrauer Körperbemalung schließlich Jedermann die Hand aufs Herz legt und dieser seinen letzten Atemzug tut, hat der Teufel längst aufgegeben. Aber selbst für Satan gibt es noch Hoffnung. "Ich habe auch ohne ihn genug zu tun", spricht er ins gut betuchte Publikum: "Ich komme wieder."

Es gibt noch Restkarten für die rund 190 Veranstaltungen bis Ende August Tel. 0043-(0)662-8045-500.

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