Ruhrfestspiele: Malkovich brilliert als schöngeistiger Killer

Der US-Star als Knastpoet Jack Unterweger in „The Infernal Comedy“.

Recklinghausen. Liebe und Grausamkeit liegen oft nah beieinander. Das haben nicht nur de Sade und Casanova gewusst, sondern auch die Komponisten ihres Jahrhunderts: Gluck, Vivaldi, Haydn, Mozart und Weber.

Und so vermengt "The Infernal Comedy - Confessions of a Serial Killer" die Geschichte von Jack Unterweger, dem frauenmordenden Schöngeist, mit barocken Arien zu einem ungewöhnlichen und faszinierenden Abend.

Unterweger wurde 1990 vorzeitig auf Betreiben von 700 Intellektuellen aus dem Gefängnis entlassen. Die Wiener Literaturszene feierte ihn, doch er mordete zunächst unbemerkt weiter. 1994, wieder in Haft, beging er Selbstmord.

Den Knastpoeten spielt John Malkovich - sicher das Ereignis der diesjährigen Ruhrfestspiele. Der Hollywood-Schauspieler, seit "Gefährliche Liebschaften" mit der Rolle des zerstörerischen Verführers assoziiert, mimt Jack Unterweger bei der Premiere in Recklinghausen in Jeans und Turnschuhen.

Die Kostüme und Requisiten seien auf der Reise von Wien hängen geblieben. Malkovich echauffiert sich darüber in seiner Rolle als Serienmörder, rät den Check-in-Damen sogar, nachts auf Parkplätzen besser aufzupassen. Er schlendert über die Bühne, wo auch das Wiener Akademie Orchester Platz genommen hat, oder sitzt am Schreibtisch bei dieser Lesung, die angeblich nach seinem Tod stattfindet.

Unterweger will seine noch unveröffentlichten Memoiren präsentieren und lädt das Publikum ein auf eine Reise in seine Vergangenheit. Da geht es immer wieder um die von ihm so geliebten Frauen, angefangen von seiner Mutter bis zu den Huren, die er im Wald vor Wien mit dem BH erdrosselt.

Zwei Sopranistinnen, Marie Arnet und Louise Fribo, begleiten seinen Weg: Während sie singen, nestelt er an ihnen herum, mal zärtlich, mal brutal, bis er sie mit dem Büstenhalter mit einer Hand erwürgt. Malkovich macht alles lässig wie immer, egal, ob er mit den Händen in den Hosentaschen x-beinig dasteht oder sich bei einem Gast in der ersten Reihe einen Kuli leiht.

Gerade dieser improvisierte Charakter macht den Abend so lebendig (Regie: Michael Sturminger). Malkovich lässt mit leicht österreichischem Akzent das Bild eines perfiden Killers entstehen: intelligent, kunstsinnig, kalt und gefährlich, getrieben von Selbstüberschätzung und Selbstverachtung. "Lieber ein Killer als ein Nobody."

Am Ende sind die Bücher, unter denen er eine der Frauen vergräbt, doch leer. Der Strick liegt ihm schon um den Hals, doch Malkovich lächelt maliziös ins Publikum: "Sie glauben doch nicht, dass ich mich hier vor allen Leuten umbringe? Vielleicht ja morgen Abend!"

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