Rheinoper: In der Pralinenschachtel

Claus Guth setzt Richard Wagners „Tristan und Isolde“ aufs Trockene.

Düsseldorf. Ein großzügiges Schlafzimmer wird sichtbar, wenn sich im Düsseldorfer Opernhaus der Vorhang zu Wagners "Tristan und Isolde" öffnet. Das Gemach würde das typische Bühnenbild für den 1. Akt des "Rosenkavalier" von Richard Strauss abgeben. Doch laut Libretto müssten wir uns auf einem Schiff befinden, auch Wagners Musik illustriert die Weite des Meeres.

Regisseur Claus Guth legt das Stück aber trocken und lässt es in der Zürcher Villa des wohlhabenden Wagner-Förderers Otto Wesendonck spielen. Mit dessen Frau Mathilde hatte Wagner eine Liaison, darauf nimmt die Inszenierung Bezug.

Das Ambiente strahlt Gediegenheit aus. Symmetrisch sind Flügeltüren, Stühle und Wandleuchten angeordnet, alles wirkt appetitlich sortiert wie in einer Schachtel Sprüngli-Pralinen. Doch in der Gefühlswelt der Protagonisten Tristan und Isolde herrscht große Verwirrung. Die Situation ist ja auch verfahren: Tristan soll Isolde seinem obersten Dienstherrn, König Marke, zuführen. Doch durch einen versehentlich eingenommenen Liebestrank fällt sich das Paar liebestrunken in die Arme.

Eine großbürgerliche Gesellschaft der Wagner-Zeit flaniert mit Sektglas durchs noble Haus. Die häufig in Schwung gebrachte Drehbühne ermöglicht eine rege Gebäudebegehung. Leider wirkt die Szenerie auf Dauer dürftig. Denn die Fokussierung auf die im Korsett der Konvention gefangenen Leidenschaft verengt den Horizont des Werkes. So weicht das von Wagner beabsichtigte Mysterium einer nur durch den Tod zu befreienden Liebe einer mitunter trivialen Travestie.

Die beiden Gaststars Ian Storey (Tristan) und Janice Baird (Isolde) agieren darstellerisch differenziert, spiegeln aber mit ihren oft angestrengt klingenden Stimmen die Krise auf dem Weltmarkt der Wagner-Sänger. Dafür machen die hauseigenen Sänger einen erfreulichen Eindruck, allen voran Hans-Peter König als König Marke. Auch Annette Seiltgen füllt die Rolle von Isoldes Dienerin Brangäne hoch inspiriert aus, Oleg Bryjak bewältigt die Partie des Kurwenal zuverlässig. Im Orchestergraben entzünden die Düsseldorfer Symphoniker unter Leitung von GMD Axel Kober jenes Feuer der Leidenschaft, das auf der Bühne so sparsam glimmt. So jubelt das Publikum dem Orchester und seinem Dirigenten zu. Storey und Baird müssen auch einige Buhrufe hinnehmen, ebenso der Regisseur.

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